LXXXVI. Armeekorps (86.)

 

1. Einsatz und Unterstellung:

Das Generalkommando LXXXVI. Armeekorps wurde am 19. November 1942 beim Oberbefehlshaber West aufgestellt. Es übernahm die Küstensicherung in Südwestfrankreich von der spanischen Grenze bis nach Bordeaux. Sein Stabsquartier lag in Dax. Am 7. Oktober 1943 wurde die Trennungslinie zum nördlich liegenden LXXX. Armeekorps neu geregelt: Küste westlich St. Vibien-de-M. (20 Kilometer südlich Royan) - westlich Pauillac (40 Kilometer nordnordwestlich Bordeaux) - Südspitze der Insel 500 m westlich Bourg s.G. (20 Kilometer nördlich Bordeaux). Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 wurde das Generalkommando des LXXXVI. Armeekorps Mitte Juni 1944 in die Normandie verlegt. Am 20. Juni wurde das Generalkommando in die Frontlinie in der Normandie eingefügt. Es übernahm einen Frontabschnitt von der Kanalküste an der Orne entlang bis nach Caen. Am 23. Juni konnte ein alliierter Panzervorstoß einen Einbruch bei St. Honorine erzwingen, der abgeriegelt wurde. Bis Monatsende kam es an der Front des Korps nur zu geringen Kampfhandlungen und der Abwehr gegnerischer Aufklärungsvorstöße, wobei jedoch um Caen schwer gekämpft wurde. Bis zum 9. Juli konnten britische Verbände große Teile von Caen erobern. Am 18. Juli begann das alliierte Unternehmen "Goodwood", der britische Angriff östlich von Caen mit dem Ziel, Caen zu umfassen und einzunehmen. Die Offensive traf die Frontlinie des LXXXVI. Armeekorps, ein britischer Durchbruch konnte jedoch verhindert werden. Caen ging verloren, die neue Frontlinie des Korps verlief nun von der Kanalküste in einem Bogen östlich und südlich um Caen. Im Zuge der britischen Operation "Totalize" ab dem 7. August 1944 wurde die Frontlinie der 272. Infanterie-Division südöstlich von Caen durch britische Verbände durchbrochen, die entlang der Straße Caen - Falaise vorstießen. Zwar konnte ein endgültiger Durchbruch verhindert werden, die Briten und Kanadier rückten jedoch 13 Kilometer vor und fügten den deutschen Verbänden schweren Verluste zu. Die aus dem alliierten Brückenkopf ausgebrochenen und nach Osten vorstoßenden amerikanischen Streitkräfte waren nur noch 40 Kilometer weit entfernt. Am 15. August durchbrachen alliierte Truppen im Raum südlich von Caen mit starken Panzerkräften an der Naht zwischen dem LXXXVI. Armeekorps und dem I. SS-Panzerkorps die deutsche HKL und erreichte mit Anfängen den Dives-Abschnitt bei Vendeuvre und Jort. Nach Süden angreifend wurde Perrieres erobert. Am 16. August musste sich das Korps nach Osten absetzen. Teile des Korps wurden anschließend im Kessel von Falaise eingekesselt und vernichtet. Die Reste des Korps wurden bis Anfang September 1944 in den Raum südwestlich von Tourcoing zurück gedrängt, wo eine neue Abwehrfront errichtet wurde. Am 3. September gingen Lillers und St. Pol verloren. Eigene Kräfte des Korps konnten sich aus dem Raum Bours in den Raum westlich Lillers zurückkämpfen. Am 5. September hatte sich das Korps auf die Linie Aire - entlang des Lys bis Armentieres abgesetzt. Die 70. Infanterie-Division bezog eine neue Verteidigungsstellung beiderseits von Gent. Eigene Angriffe nach Osten am 6. und 7. September ermöglichten das Absetzen des Korps auf die Linie Halluin - Ypern nach Norden, wobei alliierte Truppen sofort nachdrängten. Am 8. September setzte das Korps seinen Rückzug fort und erreichte zusammen mit dem LXVII. Armeekorps die Linie Brügge - Gent - Scheldemündung. Das Korps begann, sich bei Vlissingen auf die Halbinsel Walcheren überzusetzen. Am 12. September 1944 kapitulierte die Festung Le Havre mit einer Besatzung von 14.000 Mann. Die ebenfalls eingeschlossene Festung Dünkirchen hielt sich bis Kriegsende. Bis zum 13. September setzte sich das Korps mit dem LXXXIX. Armeekorps auf die Linie Leopold-Kanal bis Boterhoeck - Bassevelde - Sas van Gent - Axel - Hust - Schelde nordnordöstlich Hulst ab. Bis zum 18. September setzten die letzten Teile des LXXXVI. Armeekorps auf die Halbinsel Walcheren über. Nach dem Übersetzen schied das Generalkommando des LXXXVI. Armeekorps aus dem Unterstellungsverhältnis der 15. Armee aus und verlegte in den Raum Lille zur 1. Fallschirm-Armee. Der neue Stellungsabschnitt des Korps lag an der Linie nördlich Lankaer - Obbicht - Niuwstadt - Hillensburg - Brunssum im Angriffsstreifen der britischen Verbände bei der Operation Market Garden. Bei Angriffen gegen die Stellungen der Division Nr. 176 gingen am 19. September Born, Millen und Höngen verloren. Im Gegenangriff wurde die Panzerbrigade 107 am 20. September gegen die Linie Nederwetten - Nunen angesetzt, blieb aber unter schweren eigenen Verlusten liegen. Bei Hamont, 6 Kilometer westlich von Weert, durchbrachen starke feindliche Panzerverbände die eigene HKL. Am Folgetag setzten feindliche Verbände östlich von Someren (15 Kilometer westlich von Weert) über den Zuid-Willemsvaart-Kanal. Am 23. September landeten am späten Nachmittag feindliche Fallschirmjäger bei Uden und westlich Boekel. Ein gleichzeitiger Angriff starker alliierter Panzerverbände aus Uden auf Vechel warf die Panzer-Brigade 107 auf die Linie beiderseits Gemert nach Osten zurück. Aus dem Brückenkopf Astern erreichten alliierte Einheiten im weiteren Angriff nach Osten die Linie Deurne - Liessel und nahmen am Folgetag Deurne nach schweren Kämpfen. Am 26. September nahmen britische Einheiten St. Anthonis und Oploo. Bei Stevensweert konnte eine Kampfgruppe die Maas überschreiten, wurde aber zurückgeworfen. Im Anschluss kam es bei Overloon zu schweren Kämpfen. Der Ort wurde dabei bis Mitte Oktober 1944 vollständig zerstört. Am 16. Oktober konnten alliierte Einheiten südöstlich von Deurne den Peelkanal überschreiten. Südlich von Overloon wurde Venray von alliierten Einheiten erobert. Zum Ende des Monats Oktober flauten die Kämpfe im Abschnitt des Korps, das jetzt der 5. Panzerarmee unterstand, ab. Mitte November kam es zu schweren Kämpfen um den eigenen Maas-Brückenkopf zwischen Meyel und Neer. Am 21. November ging Meijel an der Maas verloren und am 22. November ging der nördlich gelegene Brückenkopf Roermond verloren. Am 24. November erreichten alliierte Einheiten bei Grubbenvorst die Maas. Am 29. November räumte das Korps den Brückenkopf Geijsteren und ging auch hier auf das östliche Ufer der Maas über. Im Lauf des Monats Dezember zog sich das Korps über die Maas zurück, ansonsten blieb es vor der Front des Korps ruhig. Die Front verlief nun von Süden von Afferden an der Maas entlang bis nach Gennep und anschließend im Bogen östlich von Nimwegen. An der Ardennen-Offensive war es nicht beteiligt. Am 2. Januar 1945 wurde bei Wassum ein Brückenkopf auf dem Westufer der Maas gebildet und am 7. Januar 1945 wieder geräumt. Am 8. Februar 1945 starteten alliierte Verbände eine Großoffensive gegen die Front des LXXXVI. Armeekorps zwischen Waal und Maas. Im Verlauf des Tages gelang es den Alliierten, mehre tiefe Einbrüche zu erzielen, die zur Zurücknahme der eigenen HKL auf den Westwall 4 Kilometer nordwestlich, 5 Kilometer Westlich und 8 Kilometer südwestlich Kleve zwangen. Am Folgetag konnte der Feind seine Angriffe fortsetzen und die Linie Düffelward - 1 Kilometer westlich Kleve - 1 Kilometer westlich Materborn - 1,5 Kilometer südöstlich Fasselt - Südwestspitze des Reichswaldes vordringen. Bis zum Abend gelang es, die Einbruchsstelle abzuriegeln und einen Durchbruch zu verhindern. Am Abend setzte der Feind seine Offensive fort und erreichte den Westrand von Kleve, das am 10. und 11. Februar 1945 verloren ging. Am 11. Februar setzte sich der feindliche Vormarsch im Reichswald nach Osten fort und drang außerdem in Gennep ein. Aus Gennep konnten alliierte Einheiten am Folgetag weiter nach Süden und Südosten weiter vordringen. Die schweren Abwehrkämpfe dauerten auch am 13. und 14. Februar an, wobei es gelang, einen feindlichen Durchbruch zu verhindern. Am 15. Februar wurden südöstlich von Gennep feindliche Angriffe zurückgeschlagen. Am 16. Februar gingen Hassum und Afferden verloren. Am 17. und 18. Februar 1945 kam es zu schweren Kämpfen um Goch, die Stadt fiel am 20. Februar 1945. Die schweren Abwehrkämpfe zwischen Maas und Rhein dauerten die folgenden Tage weiter an. Unter schwersten eigenen Verlusten wurde das Korps bis zum 10. März 1945 über den Rhein zurück gedrängt. Die neue Frontlinie des Korps verlief am Rhein entlang nördlich von Xanten über Wesel bis nach Walsum südwestlich von Dinslaken. Am 23. März 1945 traf die Frontlinie die britische "Operation Plumber", dem Übergang über den Rhein. Britische Einheiten überquerten bei Rees, Xanten und Wesel den Rhein. Sofort wurde mit dem Bau von Behelfsbrücken begonnen. Außerdem landeten Luftlandetruppen bei Hamminkeln. Bis zum 28. März konnten die Alliierten bis nach Haltern und Borken vorstoßen und die Orte nehmen. Am 2. April 1945 stieß der Feind bis zum Stadtrand von Münster vor und nahm, von Süden vorstoßend, Telgte, 10 Kilometer östlich der Stadt. Damit waren alle rückwärtigen Verbindungen von Münster abgeschnitten. Borkholzhausen und Werther gingen verloren. Von Südwesten drangen starke feindliche Kräfte auf breiter Front gegen Bielefeld vor. Entlang der Autobahn östlich von Bielefeld nach Nordosten weiter vorgehend, erreichten alliierte Einheiten die Stadt Herford. Von Norden kommend drangen alliierte Einheiten außerdem in Hamm ein. Dollberg und Lippberg gingen verloren. Am 4. April ging Osnabrück und Lübecke sowie Bad Salzuflen verloren. Am 5. April konnten alliierte Einheiten östlich und südöstlich von Stolzenau bei Leese und Schlüsselburg die Weser überschreiten. Am 6. April drang der Feind westlich von Bramsche nach Norden über den Dortmund-Ems-Kanal vor. Am 7. April setzte der Feind seinen Vormarsch bis Twistringen, hart südlich Bassum und über Bruchhausen und Hoya bis Thedingshausen, Morsum und Wulmstorf vor. Am Folgetag ging Bramsche verloren. Am 12. April drang der Gegner in Quakenbrück und Dinklage ein und nahm Essen und Carum. Um Vechta entbrannten schwere Kämpfe, der Ort ging ebenfalls verloren. Am 13. April baute das Korps eine dünne Sicherungslinie vom Südrand Berthen - Südrand Halen entlang der Straße Ahlhorn bis Wildershausen auf, wobei Wildershauen noch am gleichen Tag verloren ging. Am 14. April stand das Korps im Raum Cloppenburg, Neulethe, Bühmen und Visbeck gingen verloren. In der Folgezeit wurden die Reste des Korps in den Raum Oldenburg abgedrängt, wo es bei Kriegsende kapitulierte.

 

 

1942

Datum Armee Heeresgruppe Ort
Dezember z. Vfg. D Südwestfrankreich (Lagekarte)

1943

Datum Armee Heeresgruppe Ort
Januar 1. Armee D Südwestfrankreich

1944

Datum Armee Heeresgruppe Ort
Januar 1. Armee D Südwestfrankreich
Mai 1. Armee G Südwestfrankreich (Lagekarte)
28. Juni Panzergruppe West B Normandie (Lagekarte) (Lagekarte)
5. August 5. Panzerarmee B Normandie (Lagekarte)
29. August 15. Armee B Niederlande (Lagekarte)
18. Oktober 1. Fallschirmarmee B n.ö. Maastricht (Lagekarte)
29. Oktober 5. Panzerarmee B Venlo, Niederrhein (Lagekarte)
14. November 1. Fallschirmarmee H Venlo, Niederrhein (Lagekarte)

1945

Datum Armee Heeresgruppe Ort
1. Januar 1. Fallschirmarmee H westlich v. Wesel (Lagekarte) (Lagekarte) (Lagekarte)
7. April 1. Fallschirmarmee OB Nordwest Ems, Weser

 

2. Kommandierende Generale:

General der Infanterie Bruno Bieler 19. November 1942 -  28. August 1943

General der Infanterie Hans von Obstfelder 28. August 1943 - 30. November 1944

General der Infanterie Carl Püchler 30. November 1944 - 17. Dezember 1944

General der Infanterie Erich Straube 17. Dezember 1944 - 28. April 1945

 

Chef des Generalstabes:

Oberst i.G. Hellmuth von Wissmann 23. November 1942 - 15. Dezember 1944

Oberst i.G. Ludwig Zoeller 15. Dezember 1944 - 15. April 1945

Oberst i.G. Weller 15. April 1945 - 28. April 1945

 

1. Generalstabsoffizier (Ia):

Major i.G. Walter Carganico (10. Juni 1944) - Dezember 1944

Major i.G. Brzoska 15. August 1944 - 30. Januar 1945

Major i.G. Delévièleuse 30. Januar 1945 - 1945

 

3. Gliederung

7. Juli 1943

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
344. Infanterie-Division unbekannt

Arko 186

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

26. Dezember 1943

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
344. Infanterie-Division unbekannt

Arko 186

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

12. Juni 1944

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
276. Infanterie-Division

159. Infanterie-Division

unbekannt

Arko 186

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

21. Juni 1944

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
Gruppe von Luck

346. Infanterie-Division

711. Infanterie-Division

keine

Arko 186

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

16. September 1944

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
Masse 59. Infanterie-Division

712. Infanterie-Division

unbekannt

Arko 186

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

1. März 1945

Divisionen Heerestruppen Korpstruppen
190. Infanterie-Division unbekannt

Arko 486

Korps-Nachrichten-Abteilung 431

Korps-Nachschubtruppen 486

 

4. Ersatz:

Für die Ersatzgestellung des Stabes war das Infanterie-Ersatz-Bataillon 6, später Grenadier-Ersatz-Bataillon 6, zuständig.

 

5. Literatur und Quellen:

Kurt Mehner: Die geheimen Tagesberichte der Deutschen Wehrmachtsführung im Zweiten Weltkrieg 1939 - 1945, Biblio-Verlag, Osnabrück 1984, Band 8 bis 12
Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 6. Die Landstreitkräfte 71 – 1302. Auflage. Biblio-Verlag, Bissendorf 1979
Ulrich Dinkelaker: Brückenkopf Wesel: Die Kämpfe am linken und rechten Niederrhein im Februar und März 1945 im Rahmen der alliierten Operationen Veritable, Plunder und Varsity, Agema-Verlag 1993