Beutefahrzeuge

 

Grundsätzlich muß man sagen, daß die deutsche Wehrmacht alles nur irgendwie einsetzbare Gerät übernahm. Vor allem bei Zugmitteln und LKW war man nicht wählerisch. Auch bei Geschützen wurde meist alles eingesammelt, was nur zu kriegen war. Geschütze, für die nur wenig Munition vorhanden war, wurden in Bunker wie z.B. am Atlantikwall eingebaut.

Eine große Anzahl von Beutefahrzeugen wurde auf solche Waffen umgerüstet, die in der Wehrmacht Verwendung finden konnten. Da haben wir zuerst die 4,7-cm-Pak(t) auf dem in Frankreich bei der Firma Renault hergestellten R 35-Panzer. Von dem l0 t schweren Fahrzeug, das von einem 80-PS-Motor angetrieben wurde, wurden 174 Stück umgerüstet und die ersten Panzerjäger im Mai 1941 ausgeliefert. Zusätzlich wurden 26 der R 35-Panzer zu Führungsfahrzeugen umgebaut.

Die Firma Lorraine hatte der französischen Armee bis Mai 1940 als »Blinde 37 L« 387 Vollkettenschlepper geliefert, von denen etwa 300 erbeutet wurden. Im Juli und August 1942 hat man davon 179 mit der 7,5-cm-Pak 40 als Panzerjäger ausgerüstet. Das 8 t schwere Fahrzeug befand sich vorwiegend an der Westfront. Es war mit einer Geschwindigkeit von 35 km/h ein sehr bewegliches Fahrzeug. Planungen sahen den Bau von weiteren 1.555 Stück dieses Panzerjägers vor. Der Truppe war dieses Fahrzeug als Marder 1 bekannt.

Auf dem gleichen Fahrgestell gab es noch zwölf Stück mit der 10,5-cm-leichten-Feldhaubitze 18/40 und 94 mit der 15-cm-schweren-Feldhaubitze 13. Von den letzteren wurden 64 Stück in Paris umgebaut.

Ein weiteres französisches Fahrzeug war der bei Hotchkiss gebaute Panzer H-39, der in der deutschen Inventarliste als SFL geführt wurde.

Von 72 Fahrzeugen wurden 24 mit der 7,5-cm-Pak 40, der Rest mit der leichten Feldhaubitze 18 bzw. 16 ausgerüstet. Der 12,5 t schwere Panzer war mit dem 120-PS-Motor gut beweglich, die Fahrzeuge waren als GW (Geschützwagen) bekannt. Die 7,5-cm-Pak und die leichte Feldhaubitze 16 finden sich auch bei dem FMC-36-Panzer; zehn bzw. zwölf Stück wurden umgebaut. Das Dieseltriebwerk war für das 12,8 t schwere Fahrzeug zu schwach, es wurden knapp 24 km/h erreicht.

Aber auch zahlreiche Fahrzeuge mit französischen Waffen wurden verwendet. Das 20 t schwere Somua-S-35-Fahrzeug, bei uns Pz. 739(f) genannt, war mit einer 4,7-cm-KwK bewaffnet und wurde zuerst bei der 211. Pz.Abt. in Finnland eingesetzt. Die SS-Division »Prinz Eugen« hatte sieben Renault-Panzer Char B-I im Inventar. Das 34 t schwere Fahrzeug trug eine 7,5-cm-KwK, die im Bug in der Art eines Sturmgeschützes eingebaut war. Im Drehturm war zusätzlich eine 4,7-cm-KwK montiert.

Eine ganze Anzahl der Renault 35 R-Panzer war bei der 21. Panzer-Division als Pz. 731(f) im Einsatz. Das l0 t schwere Fahrzeug war mit einer 3,7-cm-KwK bewaffnet. Später wurde eine Anzahl dieser Fahrzeuge auf die 4,7-cm-Pak(t) umgerüstet. Zahlreich war der Einsatz als Munitionsschlepper, hier war der Turm entfernt worden, die Bewaffnung bestand nur aus einem MG 34.

Von den 534 Renault-Panzern FT 17-8, die sich noch aus dem Ersten Weltkrieg in den französischen Beständen befanden, wurde ein Dutzend bei Sicherungstruppen als Pz. 739(f) in Frankreich eingesetzt. Das knapp 7 t schwere Fahrzeug trug wahlweise eine 3,7-cm-KwK oder ein MG. Mit dem 35-PS-Motor wurde auf der Straße eine Geschwindigkeit von 8 km/h erreicht. Vom bereits erwähnten Renault-Panzer B-I wurden übrigens 60 Stück als Flammenwerfer-Panzer umgebaut. Bis auf 20 Fahrzeuge, die sich bei der 213. s.Pz.Abt. und der SS-Geb.Div. im Osten befanden, waren alle in Frankreich im Einsatz.

Vom B-2-Panzer wurden 16 Stück auf die 10,5-cm-leichte Feldhaubitze 18 umgerüstet. Diese Fahrzeuge waren bei der Panzerartillerie im Westen eingesetzt. Weitere Exemplare wurden wie beim B-I mit Flammenwerfern ausgerüstet.

Der 12 t schwere Hotchkiss-Panzer 38 besaß das Fahrgestell des H-39 und war mit einer 3,7-cm-KwK L/21 bewaffnet. Als 735(f) fanden sich zahlreiche dieser Fahrzeuge zu Beginn des Ostfeldzuges bei der 211. Pz.Abt. in Finnland.

Von den in Frankreich bei der Firma Renault hergestellten 6.200 Infanterieschleppern Chenilette wurde aus der Beute eine ganze Anzahl für verschiedene Zwecke übernommen. Das 2,6 t schwere Fahrzeug wurde von einem 2-l-Motor mit 38 PS angetrieben und erreichte eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Hier soll lediglich die Version erwähnt werden, bei der auf dem Heck dieses Schleppers vier Wurfrahmen für die 28- und 32-cm-Wurfkörper montiert waren.

 

Mit dem Zusammenbruch der faschistischen Regierung im Herbst 1943 in Italien wurde eine größere Anzahl italienischer Panzerfahrzeuge übernommen bzw. die Produktion ging in deutsche Hände über. Vom 14,7 t schweren Panzer M 15/42 waren es 120 Stück. Obwohl man die 4,7-cm-KwK mit neuen, verlängerten Rohren versah, reichte der Kampfwert nicht aus. Beispielsweise hatte die SS-Division »Maria-Theresia« derartige Fahrzeuge. Vom italienischen Sturmgeschütz »Semovente DA« hat das Heer nicht weniger als 294 Stück übernommen. Davon trugen aber 178 die kurze 7,5-cm-Kanone L/18, der Rest war mit der 7,5-cm-Kanone L/34 ausgerüstet. Das 15 t schwere Fahrzeug erreichte mit dem 185-PS-Motor etwa 38 km/h. Dieses bei uns M 42 genannte Sturmgeschütz wurde als Unterstützungsfahrzeug in Italien und auf dem Balkan eingesetzt. Ende 1944 befanden sich nur noch 93 Stück bei der Truppe. Das Sturmgeschütz M 43 wurde auf die 7,5-cm-Kanone L/46 umgerüstet. Die deutschen Truppen haben 40 Fahrzeuge übernommen, die alle in Italien eingesetzt wurden. Die Italiener hatten auch eine 10,5-cm-Haubitze L/25 auf ein verändertes Fahrgestell des M-15/42-Panzers montiert. Von dieser 15,7 t schweren Sturmhaubitze waren Ende 1943 bei der 26. Panzerdivision und der 336. Infanterie-Division 27 von den im ganzen 117 zur Verfügung stehenden Fahrzeugen im Einsatz. Ein Jahr später gab es von diesem Fahrzeug noch 66 Stück auf dem Balkan und in Italien.

 

Bei den russischen Beutefahrzeugen war es vor allem der T-34, bei uns Pz. 747(r) genannt, der wieder eingesetzt wurde. Aber auch die überschweren Panzer KW 1 und KW 2 wurden übernommen, ebenso die leichten Panzer vom Typ T-26 und T-70. Der Panzer T-35 wurde unter der Bezeichnung Pz. 752 (r) bei der Wehrmacht verwendet. Bei der Partisanenbekämpfung wurden die russischen Panzerspähfahrzeuge vom Typ BAF 203(r) eingesetzt. Auch das gefürchtete russische Salvengeschütz Katyushka wurde vereinzelt wiederverwendet. Andere russische Fahrzeuge fanden sich nur vereinzelt bei der Truppe.

Erfahrungsbericht über die Instandsetzung und Einsatz russischer Panzerkampfwagen Typ T 34 und SU 85.

 

Die folgende Liste zeigt die Verteilung der eingesetzten Beutefahrzeuge auf die verschiedenen Frontabschnitte im Juni 1943:

Osten    
Heeresgruppe A 6 Renault B-2 Pz 740 (f)
Heeresgruppe Süd 28 T-34 Pz 747 (r)
  1 T-70 Pz 743 (r)
  12 Pz Späh P. 17-8 Pz Späh 204 (f)
Heeresgruppe Mitte 15 Hotchkiss 38 Pz 738 (f)
  2 Somua 35 Pz 739 (f)
  1 T-26 Pz 738 (f)
  22 T-34 Pz 747 (r)
  3 T-70 Pz 743 (r)
  2 KW-1 Pz 753 (r)
  1 KW-1 Pz 754 (r)
  18 Pz Späh P. 17-8 Pz Späh 204 (f)
Südosten (Balkan) 43 Somua 35 Pz 739 (f)
  96 Hotchkiss 38 Pz 735 (f)
  17 Renault B-1/2 Pz 740 (f)
Westen 67 Somua 35 Pz 739 (f)
  149 Hotchkiss 38 Pz 735 (f)
  81 Renault B-1/2 Pz 740 (f)
  58 Renault 35R Pz 731 (f)
  12 Renault 17/18 Pz 730 (f)
  33 Pz.Späh P. 17-8 Pz Späh 204 (f)
Norwegen 17 Somua 35 Pz 739 (f)
  68 Hotchkiss 38 Pz 735 (f)
Lappland 16 Somua 35 Pz 739 (f)
  33 Hotchkiss 38 Pz 735 (f)

1944 wurden zahlreiche russische Sturmhaubitzen SU 85 wieder instand gesetzt und der Truppe als Stug. 122(r) zur Verfügung gestellt. In dem nur 2.150 mm hohen Fahrzeug war die Haubitze mit 122-mm-Kaliber eingebaut, der Munitionsvorrat betrug 47 Schuß. Diese Fahrzeuge stellten eine willkommene Bereicherung der Panzer-abwehrverbände dar.

Beim Afrikakorps wurden einige der erbeuteten 26 t schweren englischen »Matilda«-Panzer mit 5-cm-KwK L/42 ausgerüstet, die beim Umbau des Pz. III übriggeblieben waren. Diese Fahrzeuge erhielten die neue Bezeichnung Pz. 748(e). Außerdem wurden britische Panzer vom Typ Crusader erbeutet. Er erhielt die Bezeichnung 746 (e). Der bei den britischen Einheiten als Kampfpanzer Stuart laufende amerikanische Panzer M 3/5 wurden ebenfalls vom Afrikakorps übernommen. Die Fahrzeuge waren 4,46 m lang, wogen 12,3 t und hatten eine 3,7-cm Kanone als Hauptbewaffnung sowie fünf MG.

Als Pz. 736(e) waren die englischen leichten Panzer Mark 6 C bekannt, die auf dem 5 t schweren Fahrgestell die 10,5 cm leichte Feldhaubitze trugen. Vor allem im Osten waren unter der Bezeichnung Bren 731(e) die 4 t schweren englischen MG-Träger eingesetzt. Sie wurden später zur Unterstützung der Infanterie sogar mit einer 3,7-cm-Pak ausgerüstet. Für Panzer-Zerstörergruppen war ein Aufbau mit drei Panzerschreckrohren in den Feldwerkstätten entstanden. Die Fahrzeuge waren zwar mit 12 mm kaum gepanzert, aber mit dem 85-PS-Motor recht wendig.

Nach der Landung der Briten und Kanadier bei Dieppe fielen den Deutschen einige Panzer vom Typ Churchill MK 3 in die Hände.

Nach dem Kriegseintritt der Amerikaner wurde auch amerikanisches Gerät eingesetzt, wie z.B. der Sherman-Panzer.

Bei den Beute-Panzern zeigt die Meldung vom 10. April 1945 die folgende Verteilung:

Ostfront 71
Westfront -
Italien 172
Dänemark/Norwegen 107
Balkan 74

Von diesen Fahrzeugen wurden 310 als einsatzfähig gemeldet.