XI. Fliegerkorps

 

1. Lebenslauf:

Durch die Erfolge der Fallschirmjägerwaffe während des Norwegen- und des Westfeldzuges wurde um die Jahreswende 1940 / 41 die Vergrößerung der Fallschirmtruppe befohlen. Zu diesem Zweck wurde mit Datum 1. Januar 1941 die Aufstellung des XI. Fliegerkorps befohlen. Das Generalkommando wurde dabei in Berlin-Tempelhof durch Generaloberst Kurt Student aus dem erweiterten Stab der 7. Flieger-Division gebildet. Dem Generalkommando oblag neben der Führung der unterstellten Truppen auch die Ausbildung und Erweiterung der Fallschirm-Einheiten sowie die Erprobung und Beschaffung neuer Waffen und Ausrüstungsgegenständen. Im März 1941 stellte das Generalkommando die "Kampfgruppe Süßmann" auf, die sich aus dem Fallschirmjäger-Regiment 2 mit je einer Fallschirm-Artillerie-Batterie, einer Fallschirm-Fla-MG-Kompanie, einer Falschirm-Sanitäts-Kompanie, einer Nachrichten-Kompanie und einem Fallschirm-Pionier-Zug zusammen setzte und im Anschluß nach Bulgarien verlegt wurde. In Bulgarien wurde der Verband der Luftflotte 4 unterstellt und führte im Verlauf des Balkan-Feldzuges am 25. April 1941 in Griechenland ein Luftlandeunternehmen auf den Kanal von Korinth durch. Am 20. April 1941 erhielt Generaloberst Kurt Student den Befehl, die Inbesitznahme der Insel Kreta mit den Verbänden des XI. Fliegerkorps vorzubereiten. Bei dem Unternehmen wurden alle verfügbare Fallschirmeinheiten eingesetzt. Am Tag des Angriffs, den 20. Mai 1941, gliederten sich die Einheiten wie folgt:
- Kampfgruppe West: verstärktes Luftlande-Sturm-Regiment zur Inbesitznahme des Flugplatzes Maleme
- Kampfgruppe Mitte: 7. Flieger-Division mit verstärktem Fallschirmjäger-Regiment 3 bei Chania zur Einnahme der Stadt und der Suda-Bucht und verstärktem Fallschirmjäger-Regiment 2 zur Eroberung der Stadt und des Flugplatzes Rethymnon
- Kampfgruppe Ost: verstärktes Fallschirmjäger-Regiment 1 zur Wegnahme des Flugplatzes und der Stadt Iraklion
- 5. Gebirgs-Division zur Landung mit Transportflugzeugen auf den Flugplätzen Iraklion und Maleme nach deren Inbesitznahme durch die Fallschirmjäger
Für den Lufttransport standen dem XI. Fliegerkorps 530 Junkers Ju 52 und 60 Lastensegler DFS 230 zur Verfügung. Die Maschinen reichten jedoch nicht aus, alle Fallschirmjäöger auf einmal nach Kreta zu transportieren. Daher musste in zwei Wellen gesprungen werden: Die erste Welle landete morgens bei Maleme und Chania, die zweite Welle nachmittags bei Rethymnon. Unzureichende allgemeine Aufklärung sowie die gute Tarnung der britischen uns australischen Inselbesatzung brachten dem Generalkommando des XI. Fliegerkorps ein vollkommen unzureichendes Lagebild, so dass es am ersten Tag keiner der gelandeten Kampfgruppen gelang, ihr Angriffsziel zu erreichen. Die Verluste der gelandet Truppen waren außerordentlich hoch. Erst nach verlustreichen und erbitterten Kämpfen gelang es am 21. Mai dem Luftlande-Sturm-Regiment, den Flugplatz Maleme freizukämpfen, wodurch nun auch Teile der 5. Gebirgs-Division nach Maleme geflogen werden konnten. In der Nacht zum 22. Mai wurde ein aus Piräus in Richtung Kreta ausgelaufener erster deutscher Geleitzug, bestehend aus kleinen Dampfern und Motorseglern und mit über 2300 Gebirgsjägern an Bord, durch die britische Force D  gestellt, die über drei Kreuzer und vier Zerstörer verfügte. Nur das entschlossene Eingreifen des italienischen Torpedoboots Lupo war dafür verantwortlich, dass der Konvoi vor der völligen Vernichtung bewahrt blieb und sich auflösen konnte. Trotzdem starben rund 300 deutsche Soldaten. Ein zweiter deutscher Geleitzug mit 4000 Gebirgsjägern wurde bei Tagesanbruch durch vier Kreuzer und drei Zerstörer der Force C entdeckt. Jedoch erschien die deutsche Luftwaffe rechtzeitig; zusammen mit dem sichernden Torpedoboot Sagittario konnte der Konvoi erfolgreich verteidigt werden, lediglich zwei Segler wurden versenkt. Mit der Ausweitung des Landekopfes bei Maleme fiel am 26. Mai die endgültige militärische Entscheidung zu Gunsten der deutschen Truppen, worauf das britische Oberkommando in der Nacht zum 27. Mai den Entschluss fasste, Kreta zu räumen. Am 27. Mai fiel die Hauptstadt Chania, am 28. Mai der Hafen in der Soudabucht in deutsche Hand. Am 29. Mai kapitulierte Rethymno. Die Kämpfe dauerten noch bis zum 1. Juni 1941 und endeten mit der Evakuierung der verbleibenden alliierten Truppen. Die Verluste des Korps betrugen 3.700 Gefallene sowie 2.600 Verwundete. Nach dem Ende der Schlacht um Kreta wurden die Verbände des XI. Fliegerkorps im Juni und Juli 1941 nach Deutschland zurück verlegt. Die 5. gebirgs-Division schied wieder aus dem Befehlsbereich des Korps aus.
Ende September 1941 bahnte sich in Rußland aufgrund heftiger Angriffe der Roten Armee gegen die weit vorgestoßenen deutschen Heeresverbände an der Ostfront eine Krise an, die den Einsatz rasch verfügbarer Einheiten notwendig machte. In dieser Lage mussten die Verbände des XI. Fliegerkorps einzeln an verschiedenen Frontabschnitten die zum Teil stark geschwächten Heereseinheiten unterstützen. Die Flieger-Division 7 kämpfte mit den Fallschirmjäger-Regimentern 1 und 3, den Divisionstruppen und einem Bataillon des Luftlande-Sturm-Regiments von Ende September bis Ende November 1941 am Einschließungsring um Leningrad im Newa-Abschnitt zwischen Schlüsselburg und Petruschkino. Das durch Teile des Luftlande-Sturm-Regiment verstärkte Fallschirmjäger-Regiment 2 wurde Anfang Dezember 1941 der Heeresgruppe Süd am Mius unterstellt. Weitere Teile des Luftlande-Sturm-Regiments verteidigten monatelang bis Mai 1942 im Mittelabschnitt der Ostfront bei Schaikowka. Das Fallschirm-Fla-MG-Bataillon des Korps, Teile der Fallschirm-Panzerjäger-Abteilung 7 und Teile des Luftlande-Sturm-Regiments wurden von Ende 1941 bis April 1942 bei Sobakino im Raum Rshew eingesetzt. Im März 1942 wurde das verstärkte Fallschirmjäger-Regiment 2 vom Mius in den Nordabschnitt der Ostfront verlegt und verteidigte bis Juni 1942 einen Frontabschnitt am Wolchow nördlich des Ilmensees. Anschließend kehrte das Regiment nach Deutschland zurück und wurde direkt dem XI. Fliegerkorps unterstellt. Im Juni 1941 kehrte die meisten Fallschirmjäger-Verbände von der Ostfront nach Deutschland zurück (Eine Ausnahme bildete die 4. / Fallschirm-Fla-MG-Bataillon, die im Raum Stalingrad kämpfte).
Das Fallschirm-Lehr-Bataillon wurde im Dezember 1941 dem Deutschen Afrika-Korps zugeführt und nach Benghasi in Libyen verlegt und verstärkte die dort eingesetzten infanteristischen Einheiten. Im Juli 1942 folgte aus weiteren Teilen des XI. Fliegerkorps die Fallschirmjäger-Brigade Ramcke.
Zwischenzeitlich war auch das Fallschirmjäger-Regiment 4 aufgestellt worden, so dass die in Frankreich liegende 7. Flieger-Division wieder ihre volle Stärke erreichte. Im Oktober 1942 wurde die 7. Flieger-Division an die Ostfront in den Raum Witebsk verlegt und beim VI. Armeekorps eingesetzt. Sie kehrte Anfang April 1943 zur Auffrischung nach Frankreich zurück.
Nach der alliierten Landung in Französisch-Nordafrika im Rücken des Deutschen Afrikakorps am 8. Oktober 1942 wurden das Fallschirmjäger-Regiment 5 sowie das Fallschirm-Pionier-Bataillon nach Afrika verlegt und in Tunesien eingesetzt. Das im Dezember 1942 in Berlin-Döberitz aufgestellte Fallschirmjäger-Bataillon z.b.V. 100 wurde noch im gleichen Monat in den Raum Woronesch an die Ostfront verlegt. Die Reste des Regiments kehrten im Frühjahr 1943 nach Deutschland zurück und als Stamm für das I. / Fallschirmjäger-Regiment 6 verwandt.
Anfang 1943 wurde die 2. Fallschirmjäger-Division aufgestellt, die ebenfalls dem Korps unterstand. Dafür gingen im Mai 1943 die in Afrika eingesetzten Teile der Fallschirmtruppe (Fallschirmjäger-Brigade Ramcke, Fallschirmjäger-Regiment 5, Fallschirmjäger-Regiment Barenthin und Korps-Fallschirm-Pionier-Bataillon) in Gefangenschaft. Ende Mai / Anfang Juni 1943 wurde das XI. Fliegerkorps mit den beiden unterstellten Fallschirmjäger-Divisionen in Südfrankreich beiderseits der Rhone versammelt. Nach der alliierten Landung af Sizilien am 9. / 10. Juli 1943 verlegte das Korps die 1. Fallschirmjäger-Division im Lufttransport nach Sizilien in den Raum Catania. Vier Wochen lang dauerten die Kämpfe um Sizilien, Mitte August wurde die Insel dann aufgegeben. Ende Juli1 943 verlegte das Generalkommando des XI. Fliegerkorps von Südfrankreich nach Frascati bei Rom. Gleichzeitig verlegte auch die 2. Fallschirmjäger-Division in den Raum um Rom. Nach der Entmachtung Mussolinis und dem Abfall Italiens am 25. Juli 1943 wurde dem XI. Fliegerkorps die 3. Panzergrenadier-Division unterstellt, um für eine mögliche Besetzung Roms bereit zu stehen. Nach der italienischen Kapitulation am 8. September 1943 besetzten dann die 2. Fallschirmjäger-Division und die 3. Panzergrenadier-Division Rom. Aufgrund der Annahme, dass nach den Landungen alliierter Kräfte in Süditalien weitere Landungen der Alliierten folgen könnten, wurde dem Generalkommando des XI. Fliegerkorps in der ersten September-Hälfte die Küstenverteidigung beiderseits der italienischen Hauptstadt übertragen. Am 17. September 1943 landete das II. / Fallschirmjäger-Regiment 7 im Fallschirmsprung auf der Insel Elba, die noch von italienischen Truppen besetzt war, und nahm diese im Zusammenwirken mit von See landenden Heereseinheiten. Anfang September 1943 wurden neben der dem LXXVI. Armeekorps im Kampf um Süditalien unterstellten 1. Fallschirmjäger-Division auch die 2. Fallschirmjäger-Division aus dem Verband des XI. Fliegerkorps heraus gelöst und nach Rußland in den Raum südwestlich von Kiew verlegt. Damit standen dem XI. Fliegerkorps in seinem Befehlsbereich keine Großverbände mehr zur Verfügung. Lediglich einige wenige Fallschirmjäger-Einheiten verblieben zum Küstenschutz. Am 12. November 1943 landete das I. / Fallschirmjäger-Regiment 2 im Fallschirmsprung auf der Insel Leros, die noch von italienischen Truppen besetzt war, und nahm diese im Zusammenwirken mit von See landenden Heereseinheiten. Anfang 1944 übernahm das neu aufgestellte Generalkommando des I. Fallschirmkorps den Befehlsbereich des XI. Fliegerkorps. Das Generalkommando des XI. Fliegerkorps wurde daraufhin am 3. April1 944 zum Stab zur 1. Fallschirmarmee umgewandelt.

 

2. Kommandierender General:

1. Januar 1941 Generaloberst Kurt Student

 

3. unterstellte Verbände:

20. Mai 1941 (Griechenland)

unterstellte Großverbände direkt unterstellt Fliegerkorpstruppen
7. Flieger-Division

Luftlande-Sturm-Regiment

Stab / Kampfgeschwader z.b.V. 1

I. / / Kampfgeschwader z.b.V. 1

II. / / Kampfgeschwader z.b.V. 1

I / Kampfgeschwader z.b.V. 172

II / Kampfgeschwader z.b.V. 172

Stab / / Kampfgeschwader z.b.V. 2

Kampfgruppe z.b.V. 60

Kampfgruppe z.b.V. 101

Kampfgruppe z.b.V. 102

Stab / Kampfgeschwader z.b.V. 3

Kampfgruppe z.b.V. 40

Kampfgruppe z.b.V 105

Kampfgruppe z.b.V. 106

I. / Luftlandegeschwader 1

Flugbereitschaft / XI. Fliegerkorps

22. (Luftlande-) Infanterie-Division (taktisch vom Heer unterstellt)

5. Gebirgs-Division

 

unbekannt

 

September 1942:

unterstellte Großverbände direkt unterstellt Fliegerkorpstruppen
7. Flieger-Division

Fallschirmjäger-Brigade Ramcke

Fallschirmjäger-Regiment 2

Fallschirmjäger-Regiment 5

Kommando der Schulen und Ergänzungseinheiten mit:

  Fallschirmschule I

  Fallschirmschule II

  Fallschirmschule III

  Ersatz- und Ausbildungs-Regiment

Flugbereitschaft / XI. Fliegerkorps

 

Fallschirm-Pionier-Bataillon

Fallschirm-FlaMG-Bataillon

Luft-Nachrichten-Abteilung

Fallschirm-Sanitäts-Abteilung

Transport-Kompanie

Aufklärungs-Staffel

Lufttransport-Staffel

 

Dezember 1943:

unterstellte Großverbände direkt unterstellt Fliegerkorpstruppen

Luftlandegeschwader 1

I./Luftlandegeschwader 2

Ergänzungsgruppe (S) 1

Ergänzungsgruppe (S) 2

Fallschirmschule I

Fallschirmschule II

Fallschirmschule III

Fallschirmschule IV

Flugbereitschaft / XI. Fliegerkorps

 

unbekannt

 

4. Literatur und Quellen:

Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939 - 1945 - Vierzehnter Band: Die Landstreitkräfte: Namensverbände / Die Luftstreitkräfte (Fliegende Verbände) / Flakeinsatz im Reich 1943 - 1945

http://www.niehorster.org/011_germany/41-05_crete/flk_11.html

E. Busch: Die Fallschirmjäger-Chronik 1935 - 1945 - Die Geschichte der Deutschen Fallschirmtruppe, Podzun-Pallas-Verlag 1983