Truppenübungsplatz Wildflecken

 

Der Truppenübungsplatz Wildflecken wurde 1936 von der Wehrmacht gegründet. Die Pläne dafür existierten bereits 1935. Das Lager Wildflecken wurde in den Jahren 1937 bis 1939 für den Wehrkreis IX der deutschen Wehrmacht erbaut. Die Rhön zwischen Gersfeld im Norden, Brückenau im Süden, Motten im Westen und Wildflecken im Osten entsprach den Vorstellungen des Militärs. Die Bauleitung oblag dem Regierungsbaumeister Leonz Karch. Das Gesamtprojekt umfasste ein Truppenlager für 9.000 Mann mit Waffen, Gerät und rund 1.500 Pferden; einen mehr als 7.000 Hektar großen Übungsplatz mit Schul- und Gefechtsschießbahnen, Bunkern und Beobachtungsständen, Stand und Fahrzielen; ein Verpflegungsdepot und eine Munitionsanstalt, beide mit Gleisanschluss und Straßenverbindungen innerhalb und zwischen den einzelnen Anlagen und Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Federführend bei Planung und Ausbau war zunächst das damalige General- und Wehrkreiskommando VII München. Im Spätherbst 1936 wurde mit den Vermessungen für das Truppenlager Grünhansenwald, unmittelbar nördlich von Wildflecken, begonnen. Diese Aufgabe dauerte bis in das Frühjahr 1937, da sie ohne befestigte oder ausgebaute Straßen erfüllt werden musste. Im Winter 1936 wurde am Osthang des Waldes ein Gemeinschaftslager für 3.000 Arbeiter errichtet. Mit Wohn- und Freizeitbaracken, Wirtschaftsgebäuden, Großküche und Sanitätsrevier bot es Unterkunft für Schichtarbeiter und Bauleute aus entfernten Regionen. Nach der Fertigstellung im Juni 1937 wurde das Lager der Deutschen Arbeitsfront unterstellt. In der Hauptbauzeit waren bis zu 9.000 Menschen auf der Großbaustelle im Einsatz. Im Frühjahr 1937 waren umfangreiche Vorarbeiten am Berg abgeschlossen und in einem Masseneinsatz an Menschen und Material wurde der Bau des Truppenlagers und die Errichtung des Übungsplatz in Angriff genommen. Mitte 1937 übernahm das neugebildete, bis dahin als Heeresdienststelle geführte General- und Wehrkreiskommando IX, Kassel, für dessen IX. Korps der Übungsplatz ursprünglich ja auch gedacht war. Da sich das Truppenlager 1937 noch im Bau befand, nahm die damalige Kommandantur zunächst Quartier im Bad Brückenauer Hotel "Zur Post", im Januar 1938 bezog man die Kommandantur auf dem Platz. Dreißig Beamte des höheren Dienstes und eine entsprechende Anzahl von Angestellten und Arbeitern waren bei der Standortverwaltung beschäftigt. Dienststellenleiter war von 1938 bis Kriegsende der Oberfeldintendant Sindemann. Das Großprojekt wurde in weniger als zwei Jahren fertiggestellt. Erstmals wurde auch im tiefsten Winter rund um die Uhr gearbeitet. Man deckte die Baustellen mit Bierzelten ab und hielt sie durch Zuführung von Warmluft frostfrei. Fünf Menschen verloren bei den Bauarbeiten ihr Leben. Ein Gedenkstein in der Nähe der Hauptwache erinnert an die Opfer.

Als die Grenzen des Platzes gezogen wurden, mussten 2.000 Bewohner ihre Heimat verlassen. Insgesamt 7 Ortschaften und mehrere Weiler und Einzelgehöfte wurden 1937 und 1938 geräumt. Die Orte waren Reussendorf, Altglashütten, Neuglashütten, Rothenrain, Werberg, Kippelsbach und Dalherda. 

Das Truppenlager wurde an die steile Südseite des Berges gebaut. Zur Überwindung des Höhenunterschiedes wurden die Gebäude in 6 parallel zum Berg übereinanderliegenden Terrassen, jede mit Ringstraße, angeordnet. Die Verbindung der einzelnen Terrassen miteinander stellten acht bergabwärts führende Straßen her. Insgesamt wurden 156 massive, meist unterkellerte Gebäude. An der abschüssigen westlichen Seite wurden sie parallel, an der flachen Ostseite vertikal zum Berg gestellt. Außer den Truppenkasernen war auch ein Stall- und Pferdelager zu erstellen. Bei den vorgesehenen 1.500 Pferden handelte es sich um Artilleriebespannungen. Das Stallager wurde an den beiden oberen Terrassen am Bergplateau, unmittelbar an das Übungsgelände angrenzend, angesiedelt. Es bestand aus 30 Stallungen, Hufschmiede, Veterinärs- und Rossarztgebäuden, Futterlager und Unterstellbauten. Die Hochlage sorgte mit vorherrschendem Süd-Nordwind dafür, das der Stallgeruch vom Kasernenbereich weg, in das Übungsgelände getragen wurde. Das Stallager Wildflecken war das letzte dieser Größenordnung, das die Wehrmacht baute. 

Der Übungsplatz dehnte sich in einer Fläche von ca. 7.400 Hektar aus. Dies schließt den Ort Dalherda mit umliegenden Gelände ein, dessen Ausgliederung im Jahr 1945 zur heutigen Platzgröße von 7.286 Hektar führte. Der Bau der Ausbildungsanlagen vollzog sich zeitgleich mit dem Bau des Truppenlagers. Vom Frühjahr 1937 bis Sommer 1938 entstanden 30 Schul- und Gefechtsbahnen und 20 Zielgebiete für Infanterie, Panzer und Artillerie. Die Infanterieübungsbahnen mit einer Breite von 600 Metern und einer Tiefe von 3.500 Meter, mit Klappscheiben bestückt, waren für Angriff und Verteidigung in Kompaniestärke angelegt. Die 1.500 Meter breiten und 6 Kilometer langen Panzerschießbahnen verfügten über kabelgezogene Fernziele, die von Bunkern aus bedient wurden. Die Feuerstellungen der Artillerie waren um das Dammersfeld angeordnet, einige Wechselfeuerstellungen befanden sich außerhalb des Platzes. In einer späteren Ausbauphase wurden mehrere kleine, teils versenkte Bunker zur Bedienung zusätzlicher Fahrziele und für vorgeschobene Artillerie-Beobachter in das Übungsgelände gebaut. Hinzu kamen einige Großbunker für die Ausbildung im Überwinden massiver Sperren und Befestigungsanlagen und als Ziele für Artilleriewirkungsschießen. Die Bunker überstanden den Beschuss nahezu unbeschädigt und wurden erst nach 1945 von den Amerikanern gesprengt. Nach kaum einjähriger Bauzeit feuerte der Kommandierende General des IX. Armeekorps, General der Artillerie Dollmann, am 8. Februar 1938 den ersten Schuss zum Dammersfeld ab, und übergab damit den Platz seiner Bestimmung. Dies geschah beim Schießen der II. Abteilung des Artillerie-Regiment 51 (motorisiert). Das Artillerie-Regiment 51, aus Fulda, war zwei Monate später gemeinsam mit dem Infanterie-Regiment 88, aus Hanau, die erste Einheit die in Wildflecken einzog.

Neben den Baumassnahmen im Lager wurden außerhalb der Platzgrenzen zwei logistische Projekte verwirklich. In der Zeit vom Sommer 1938 bis Ende 1940 entstand am westlichen Fuß des Arnsberg ein Heeresverpflegungsdepot. Das relativ ebene Areal über dem Steinbruchswald begünstigte die Errichtung der vierstöckigen Magazine. Der Anschluss an das Schienennetz ließ sich ebenfalls gut bewerkstelligen. Am 20. September 1940 feierte man das Richtfest. Im gleichen Zeitraum entstand am Fuße des Kreuzbergs eine Munitionsanstalt mit Montagehallen, Lagerhäusern, Gebäuden für die Wachmannschaft und Unterkünften für die Beschäftigten. Während des Krieges wurden hier Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt.  

Der Ausbau des Truppenübungsplatzes war bei Beginn des 2. Weltkriegs noch im Gange. Dieser führte zur verstärkten Nutzung des Platzes. Zur Gefechtsausbildung kamen nun auch die Aufstellung neuer Feld- und Ersatzeinheiten, und später die Nachrüstung und Auffrischung rückkehrender Fronttruppen. Hunderte von Verbänden der Wehrmacht und Waffen-SS durchliefen im Krieg den Truppenübungsplatz. Noch im ersten Kriegsjahr wurde ein Lager für tschechische und polnische Kriegsgefangene eingerichtet. Ab 1941 kamen auch russische Kriegsgefangene hinzu. Die Gefangenen kamen vorwiegend beim weiteren Ausbau der zum Teil noch geschotterten Strassen im Lager und auf dem Übungsgelände zum Arbeitseinsatz. Trotz intensiver Auslastung blieb das Lager dank des dichten Grünhansenwaldes und des Tarnanstrichs aller Gebäude der gegnerischen Lauftaufklärung bis zum Kriegsende verborgen und somit von Bombardierung verschont. 

Im März 1945 verließen die letzten Einheiten der deutschen Stammbesatzung das Lager um an die Westfront verlegt zu werden. Im Lager waren mehr Waffen und Munition vorhanden als benötigt wurden, so dass diese zerstört und anschließend die Reste vergraben wurden.

Als US Truppen das Lager am 7. April 1945 kampflos einnahmen, fanden sie außer einer Vielzahl verwundeter deutscher Soldaten auch viele russische, französische und belgische Kriegsgefangene vor, die vorher für Arbeiten auf den Truppenübungsplatz eingesetzt waren. Unklar ist warum die Amerikaner dennoch drei Salven in den Ort feuerten, bei denen ein französischer Kriegsgefangener und 2 Zivilisten getötet wurden und ein erheblicher Gebäudeschaden entstand. Wenige Tage später war der Krieg vorüber. Für die einheimische Bevölkerung barch nun die schlimmste Zeit an. Befreite Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter zogen nun plündern und auch vor Mord nicht zurückschreckend durch die Gegend. Die Lager normalisierte sich erst mit der Errichtung eines Auffang- und Repatriierungslagers durch die Un-Hilfsorganisation IRO. Dazu wurde das Lager durch die US Besatzungsmacht zur vorübergehenden Unterbringung der zahlreichen Kriegsgefangenen und verschleppten Personen, vornehmlich aus Osteuropa, die sowohl in der deutschen Industrie als auch Bauernhöfen, Firmen und Forstbetrieben eingesetzt waren. Als der Krieg endete waren es Tausende, die allein in Süddeutschland auf ihre schnelle Rückkehr in die Heimat hofften. Vor allem polnische Staatsbürger wurden nun im Lager Wildflecken zusammengefasst. Die Amerikaner nannten diese Personen "Displaced Persons". Im Jahre 1951, war es endlich gelungen, diesen "Displaced Persons" die größtenteils nicht mehr in ihre Heimat zurück konnten bzw. wollten, die Auswanderung in europäische bzw. Staaten in Übersee zu ermöglichen. Bis zu 20.000 Polen lebten im Lager auf engstem Raum, viele Kinder wurden geboren. 428 davon starben im zartesten Alter, ebenso 116 Erwachsene. 

Bereits vorher hatte sich die US Armee für Lager und Truppenübungsplatz interessiert. Die Infrastruktur, die ausgezeichneten Übungsmöglichkeiten sowie die nahe deutsch- deutsche Grenze verlieh Wildflecken eine hervorragende Eignung als Standort für die US Armee. Während des "Kalten Krieges" waren eine Reihe von US Truppenteilen sowie ihren Familien hier stationiert. Die Zahl der in Wildflecken ausgebildeten NATO-Soldaten dürfte bei etwa 2 Millionen liegen. Sogar Elvis Presley verbrachte einige Wochen seines Militärdienstes in Wildflecken. 

Heute ist das Bundeswehr-Übungszentrum Gefechtsimulation der wichtigste Truppenteil im Standort.

Kommandeure:

Oberstleutnant Fleischhauer Januar 1938 - Oktober 1938

Oberst Ernst Buchterkirch 10. November 1938 - 30. April 1939

Oberst Walther Hossfeld 1. Februar 1939 - 31. August 1939

Oberst Friedrich Kleinhans 1. September 1939 - 5. November 1939

Generalmajor Friedrich Kleinhans 1. Dezember 1939 - 30. April 1942

Generalmajor Walther Hossfeld 1. August 1942 - 15. Februar 1943

Oberst Grießbach Februar 1943 - April 1945

Leiter des Heeresforstamts Hohenfels:

Heeresforstmeister Sommer Oktober 1938 - Juli 1941

Kreisverwaltungsrat Dr. Johann August 1941 - August 1944

Heeresforstmeister Dr. Gößler August 1944 - Februar 1946