Daluege, Kurt Max Franz
* 15. September 1897, Kreuzburg / Oberschlesien † 23. Oktober 1946, Prag (hingerichtet) |
Kurt Daluege war Sohn eines oberschlesischen mittleren Beamten und in seiner Jugend Mitglied der Jugendbewegung „Wandervogel“. Während des Ersten Weltkrieges machte er 1916 am Realgymnasium in Frankfurt an der Oder das Notabitur und meldete sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst. Er wurde in das 2. Garde-Infanterie-Regiment zu Fuß aufgenommen und absolvierte bei der 3. Ersatz-MG-Kompanie des Gardekorps seine Grundausbildung. Danach kam er zu seinem Regiment an die Westfront, wo er im April 1918 am Kopf und an der Schulter schwer verwundet wurde. Nach einem sechsmonatigen Lazarett-Aufenthalt kehret er für kurze Zeit nochmals zu seinem Regiment zurück, wo er zum Vizefeldwebel befördert und zum Offiziersanwärter ernannt wurde. Von 1918 bis 1921 beteiligte er sich als Angehöriger und Führer des „Selbstschutzes Oberschlesien“ an den Kämpfen zwischen deutschen und polnischen Milizen, arbeitete zeitweilig in Berlin als Fabrikarbeiter und studierte von 1921 bis 1924 an der Technischen Hochschule Berlin im Fach Bauingenieurwesen. In dieser Zeit war er in verschiedenen nationalistischen, völkischen und antisemitischen Vereinigungen tätig und fungierte 1922 als Abteilungskommandeur im Freikorps Roßbach, mit dem er an der Schlacht am Annaberg teilnahm. 1923 wurde er Mitglied der Burschenschaft Teuto-Rugia. Sein Studium schloss er als Diplom-Ingenieur ab. 1922 trat Daluege in die noch unbedeutende NSDAP ein und unterstützte Adolf Hitler bei dessen Putschversuch in München am 9. November 1923 als Verbindungsmann in Berlin, was Hitler ihm zeitlebens hoch anrechnete. Nach dem gescheiterten Putschversuch und dem Verbot der NSDAP bemühte sich Daluege, in Berlin die Parteibasis zusammenzuhalten und gründete 1924 als getarnte SA den „Frontbann“, dessen Führer er bis 1926 war. Im März 1926 trat er der wiederbegründeten NSDAP bei (Mitgl.Nr.: 31.981) und gründete die SA für Berlin und Norddeutschland. Von 1926 bis 1930 war Daluege SA-Gruppenführer für Berlin-Brandenburg, zugleich SA-Gausturmführer im Gau Berlin-Brandenburg und von 1926 bis 1928 gleichzeitig Stellvertretender Gauleiter der NSDAP Berlin-Brandenburg. Am 16. Oktober 1926 heiratete er Käthe Schwarz (Tochter von Carl Schwarz und Gertrud Schaaf). Sie adoptierten ein Kind (Helge) und bekamen dann noch zwei Kinder (Gunther, Klaus). Ab 1927 war er als Abteilungsleiter einer städtischen Baugesellschaft und als Ingenieur bei der Müllabfuhr Berlin tätig. Auf persönlichen Wunsch Hitlers trat Daluege am 25. Juli 1930 aus der SA aus und in die SS – damals noch eine (wenngleich konkurrierende) Unterorganisation der SA – ein (SS-Mitglieds-Nr.: 1.119). Als SS-Oberführer Ost übernahm er von 1931 bis 1932 die Führung des SS-Abschnitts III Ost in Berlin. In dieser Phase „bewährte“ er sich zum zweiten Mal (nach 1923) als Hitlers loyaler „Kampfgenosse“, denn er trug 1931 maßgeblich zur Niederschlagung der Stennes-Revolte gegen Hitler in der Berliner SA bei. Dalueges bleibende Protektion durch Hitler war die Konsequenz. 1932 wurde Daluege nach der preußischen Landtagswahl Landtagsabgeordneter der NSDAP (bis Oktober 1933). Im Juli 1932 wurde er zum SS-Gruppenführer und Führer der SS-Gruppe Ost (Berlin) befördert. Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler wurde Daluege im Februar 1933 zum „Kommissar z. b. V.“ und Leiter der „Sonderabteilung Daluege“ im Preußischen Innenministerium (unter Hermann Göring) ernannt, wo er im Zuge der Gleichschaltung die sozialdemokratisch geprägte preußische Polizei im Sinne der Nazis säuberte. Göring ernannte Daluege zum Dank im Mai 1933 zum Ministerialdirektor und Leiter der Polizeiabteilung im Preußischen Innenministerium und im September 1933 zum General der preußischen Landespolizei. Seit Juli 1933 (bis 1945) trug Daluege den (einflusslosen) Titel „Preußischer Staatsrat“, ab November 1933 (bis 1945) war er zudem Mitglied des Reichstages. Anfang Juli 1934, unmittelbar nach dem sogen. Röhm-Putsch, wurde Daluege von Göring mit der Neuorganisation und personellen „Säuberung“ der SA-Gruppen Berlin-Brandenburg, Pommern, Grenzmark, Schlesien und Mitte beauftragt; belohnt wurde er vom „Reichsführer-SS“ Himmler am 27. August 1934 mit der Beförderung zum SS-Obergruppenführer. Am 8. September 1934 war er als General der Landespolizei Befehlshaber der deutschen Polizei, neben den Generalen Strecker, Poten, Schmidt-Logan, Wahrburg, Döhla, Dr. Münchau, von dem Knesebeck, Schoepplenberg, von Zeppelin, von Waldow und Wecke Teilnehmer des “Empfangs der Generale der Polizeien beim Führer“ im Nürnberger Hotel “Deutscher Hof” anlässlich des 6. Reichsparteitages der NSDAP. Ab dem 1. November 1934 war Daluege Leiter der Abteilung III (Polizei) im Reichs- und Preußischen Ministerium des Innern und somit Herr über die kasernierte "grüne" Schutzpolizei, die fortan unter dem Namen Landespolizei als schlagkräftigste deutsche Polizeitruppe militärische Aufgaben erhalten sollte, indem sie den Schutz der Grenzen und die Deckung eines deutschen Aufmarsches im Kriegsfall gewährleistete. Als im November 1934 das preußische Innenministerium mit dem Reichsministerium des Innern unter Wilhelm Frick verschmolzen wurde, stieg Daluege (bis Juni 1936) zum Leiter der Polizei-Abteilung im „Reichs- und Preußischen Ministerium des Inneren“ auf. Am 20. April 1935 folgte die Beförderung zum Generalleutnant der Polizei. Im März 1936 erlitt er seinen ersten Herzinfarkt. Das verhinderte nicht seine im Juni 1936 erfolgende Ernennung zum Stellvertreter Himmlers als „Chef der Deutschen Polizei“ im Innenministerium und gleichzeitig zum „Chef der Deutschen Ordnungspolizei“. Damit unterstand Daluege die gesamte uniformierte Polizei des Deutschen Reiches inkl. aller Hilfskräfte und Feuerwehren. Gleichwohl wurde Daluege in den folgenden Jahren bis 1939 durch das SS-Führungsduo Himmler und Heydrich zurückgedrängt und weitgehend entmachtet, blieb jedoch aufgrund guter Kontakte zu Hitler weiter im Amt. Während des Zweiten Weltkriegs war er insbesondere für den persönlichen Schutz Hitlers und anderer hoher Parteiführer verantwortlich. Am 14. Oktober 1941 unterzeichnete Daluege den ersten Deportationsbefehl für deutsche Juden nach Lodz in Polen. Am 20. April 1942 wurde er – als einer von nur vier SS-Führern – in den höchsten Rang, zum SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei, befördert.Am 24. Juli 1941 war Daluege Augenzeuge der Ermordung von 4.435 Juden bei Brest-Litowsk durch das Polizei-Bataillon 307. Ende August 1941 wurde er zudem Zeuge von der Erschießung von 2.278 Menschen bei Berditschew durch das Polizei-Bataillon 322. Nach dem erfolgreichen Attentat tschechischer Partisanen auf Dalueges Konkurrenten Heydrich, der seit 1941 als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren fungiert hatte, ernannte Hitler Daluege im Juni 1942 zu Heydrichs Nachfolger in Prag. Als solcher trug er die Verantwortung für die brutalen Rachemaßnahmen gegen die Bewohner der Dörfer Lidice und Ležáky. Am 10. September 1942 wurde er mit dem Deutschen Kreuz in Silber und später mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet. Seiner Doppelrolle als Orpo-Chef in Berlin und faktischer Reichsprotektor in Prag – der offizielle Reichsprotektor Konstantin von Neurath war seit 1941 dauerhaft beurlaubt, auch wenn er erst 1943 entlassen wurde – zeigte sich Daluege nach einem Jahr nicht mehr gewachsen. Im Juni 1943 wurde er von Hitler vom Amt des stellvertretenden Reichsprotektors entbunden, und nachdem er im selben Monat einen zweiten Herzinfarkt erlitten hatte, beantragte er am 17. August 1943 seine Beurlaubung als Chef der Ordnungspolizei aus gesundheitlichen Gründen. Daluege zog sich daraufhin auf sein Rittergut Olsenau im Reichsgau Wartheland zurück. Der Umbau des Objekts war für Daluege kostenlos, er wurde durch Sonderfonds von Bormann oder Reichsminister Lammers übernommen. Am 7. September 1943 wurde ihm noch das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern verliehen. Im Mai 1945 wurde Dalueg in Lübeck verhaftet und in Mondorf (Luxemburg) und Nürnberg interniert. Eigentlich bestand der Plan, ihn in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher anzuklagen. Nach einem Auslieferungsantrag Tschechiens wurde Daluege jedoch im Mai 1946 nach Prag überstellt. Am 23. Oktober 1946 wurde er durch ein tschechisches Gericht zum Tode durch den Strang verurteilt. Unmittelbar vor der noch am gleichen Tag stattfindenden Hinrichtung versuchte Daluege, sich durch das Aufschneiden der Pulsadern das Leben zu nehmen. Er wurde jedoch rechtzeitig gefunden und verbunden. Stark geschwächt und auf eine Bahre geschnallt, wurde er zur Hinrichtung getragen und gehängt.