Patzig, Ernst Conrad Curt
* 24. Mai 1888, Marienburg † 1. Dezember 1975, Hamburg |
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Conrad Patzig war der Sohn des Professors der Landwirtschaftsschule in Marienburg Victor Johann Leberecht Patzig und dessen Ehefrau Magdalene Marie Luise, geborene Stelter. Er trat am 3. April 1907 als Seekadett in die Kaiserliche Marine ein. In der Folge stand eine Bordausbildung auf der Kreuzerfregatte SMS Stein und eine Ausbildung auf der Marineschule Kiel auf seinem Plan. Am 21. April 1908 wurde er zum Fähnrich befördert. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Marineschule wurde er am 1. Oktober 1909 auf das Großlinienschiff SMS Nassau vom I. Geschwader versetzt. Dort wurde er am 28. September 1910 zum Leutnant zur See sowie am befördert. Am 27. September 1913 wurde er zum Oberleutnant zur See befördert. Drei Tage später endete seine Dienstzeit an Bord der SMS Nassau und er wurde der Stammabteilung der Matrosenartillerieabteilung Kiautschou in Cuxhaven zugeteilt. Im Jahr 1914 wurde er zur Matrosenartillerieabteilung Kiautschou versetzt. Nachdem er in China angekommen war, wurde er ab August 1914 in dieser als Kompanieoffizier und Kommandeur der Batterie XII eingesetzt. Diese war mit zwei 21 cm Kanonen für die Landfrontverteidigung ausgestattet. Am 9. November 1914 geriet er nach der Kapitulation in japanische Kriegsgefangenschaft. Im November 1919 wurde er freigelassen und trat seine Heimreise nach Deutschland an. Während der Rückreise wurde er am 30. Januar 1920 zum Kapitänleutnant befördert. Im Jahr 1920 wurde er in die Reichsmarine übernommen. Dort war er zunächst Adjutant bei der Kommandantur Geestemünde eingesetzt. Am 8. April 1921 wurde er zur Reichsmarinedienststelle Bremen versetzt. Vom 18. September 1922 bis zum 14. September 1924 wurde er als Navigationsoffizier an Bord des Kleinen Kreuzers Berlin eingesetzt. Am 19. Mai 1923 hat er die fünfeinhalb Jahre jüngere Getrud Thomsen geheiratet. Ab Mitte September 1924 wurde er als Referent bei der Inspektion des Bildungswesens der Marine eingesetzt und als solcher am 1. April 1926 zum Korvettenkapitän befördert. Am 28. September 1926 wurde sein Sohn, der spätere Philosoph Günther Patzig, in Kiel geboren. Am 24. Oktober 1927 erhielt er für ein Jahr das Kommando über die I. Abteilung der Schiffstammdivision der Ostsee in Kiel und wurde anschließend wiederum für ein Jahr als Navigationsoffizier auf das Linienschiff Schleswig-Holstein versetzt. Ab dem 17. Oktober 1929 wurde er bis Anfang Juni 1932 als Referent in der Marineleitung eingesetzt. Am 4. Dezember 1929 starb sein Vater in Zoppot. Dabei wurde er am 1. Oktober 1931 zum Fregattenkapitän befördert. Am 6. Juni 1932 wurde er als Nachfolger von Oberstleutnant Ferdinand von Bredow zum Abteilungsleiter der Abwehrabteilung in der Marineleitung ernannt. Am 1. Oktober 1933 wurde er in dieser Funktion zum Kapitän zur See befördert. Im Zusammenhang mit der Röhm-Affäre spielte die Abwehr eine entscheidende Rolle. So waren durch die Abwehr Dokumente am 27. Juni 1934 über von Blomberg und Reichenau dem Reichskanzler Adolf Hitler zugespielt wurden, die einen Putsch der SA nahelegten. Nach der Röhm-Affäre versuchte er von Blomberg die Absetzung von Reinhard Heydrich zu fordern. In seiner Wahrnehmung war der Machtanspruch von dessen SD zu groß. Der SD von Heydrich würde versuchen die Nachrichtendienste vom Auswärtigen Amt und die Abwehr auszuschalten. Er selbst versuchte in Absprache mit dem Auswärtigen Amt diese Versuche zu unterbinden, scheiterte aber an der starren Haltung des Staatssekretärs Werner von Bülow. Über dieses Thema kam es mehrmals zu Auseinandersetzungen. Als in der Folge von Blomberg die Konatktaufnahme mit der italienischen Abwehr wünschte, wurde das von Patzig abgelehnt, da er die Italiener für vertrauensunwürdig hielt. Als Patzig Aufklärungsflüge durch die Sonderstaffel Rowehl über Polen und Frankreich durchführen ließ, war von Blomberg der Meinung das diese eigentlich verboten seien. Im Oktober 1934 bestellte Blomberg Kapitän zur See Patzig zu sich und enthob ihn seines Postens. Er musste daraufhin Admiral Erich Raeder einen Nachfolger nennen. Er schlug Kapitän zur See Wilhelm Canaris vor, gegen den Admiral Erich Raeder eine persönlich Abneigung hegte. Da die Abwehr aber ohne Nachfolger zum Heer übergegangen wäre, ließ sich Admiral Erich Raeder überreden und nahm den Vorschlag, Kapitän zur See Wilhelm Canaris zum Chef der Abwehr zu machen, an. Am 2. Januar 1935 schied Patzigaus dem Nachrichtendienst aus. Er wurde dafür zur Verfügung des Befehlshabers der Marinestation der Nordsee gestellt. Am 28. Februar 1935 wurde er zum Kommandanten des Linienschiffes Schleswig Holstein ernannt. Das Kommando gab er bereits im Oktober 1935 wieder ab, um danach der Schiffsstammbesatzung vom Panzerschiff Admiral Graf Spee zugeteilt zu werden. Nach der Indienststellung befehligte Patzig das Schiff bis zum 1. Oktober 1937 und damit auch während des Spanischen Bürgerkriegs. Am 4. Oktober 1937 folgte seine Versetzung zum Oberkommando der Marine. Dort wurde er als Nachfolger von Konteradmiral Günther Lütjens zum Chef vom Marinepersonalamt (MPA) ernannt. Als solcher wurde er am 1. November 1937 zum Konteradmiral befördert. Auch bei seiner Beförderung zum Vizeadmiral am 1. Januar 1940 sowie zum Admiral am 1. April 1942 war er noch immer Chef vom Personalamt. Ab 1. November 1942 wurde Patzig zur Disposition des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine gestellt. Vertretungsweise übernahm am 1. November 1942 Kapitän zur See Werner Ehrhardt das MPA, bevor Kapitän zur See Martin Baltzer Anfang Januar 1943 sein Nachfolger wurde. Am 22. März 1943 wurde ihm das Deutsche Kreuz in Silber verliehen. Am 31. März 1943 wurde er aus dem aktiven Dienst der Marine verabschiedet. 1943 lehrte er bei der Firma Boehler-Stahl in Wien. Von Ende 1943 bis zum Frühjahr 1945 war er Generalbevollmächtigter im Henschel-Konzern in Berlin. Nach dem Zusammenbruch des dritten Reiches befand er sich vom 8. Mai 1945 bis zum 15. März 1946 in britischer Gefangenschaft. Danach erfüllte er verschiedene Aufgaben in Zusammenarbeit mit der US Navy. Im September 1954 ist aus Kreisen der Regierungskoalition als Nachfolger Otto Johns im Bundesamt für Verfassungsschutz vorgeschlagen worden. Patzig stand bereits als Präsident des Verfassungsschutzamtes zur Diskussion, als das Amt sich noch im Aufbau befand, wurde jedoch trotz des Einverständnisses der Amerikaner und Engländer nicht berufen, weil die Franzosen ihn wegen der Spionageaffäre in den dreißiger Jahren, bei der Luftaufnahmen von der Maginot-Linie gemacht worden waren, ablehnten. Ab Sommer 1955 war er Mitglied des Personal-Gutachter-Ausschusses und damit mit entscheidend für die Einstellung der Offiziere für die neue Bundesmarine. Er lebte damals unter der Adresse An der Mühle 39 in Kirn. Sein älterer Bruder Willy Victor Patzig wurde am 31. Mai 1879 in Marienburg geboren, starb aber bereits am 29. November 1881 in Marienburg. Eine ältere Schwester war die am 26. September 1880 in Marienburg geborene Margarethe Mathilde Ernestine Patzig, welche bereits am 26. Oktober 1880 in Marienburg gestorben ist. Ein weiterer älterer Bruder war der am 27. November 1881 in Marienburg geborene Ernst Fritz Erich Patzig, welcher bereits am 14. Dezember 1881 in seiner Geburtsstadt gestorben ist. Ein weiterer älterer Bruder war der am 26. November 1882 in Marienburg geborene Kurt Viktor Janus Patzig, dieser starb bereits am 9. Mai 1887 in seiner Geburtsstadt. Ein weiterer älterer Bruder war der am 1. Juli 1884 in Marienburg geborene Jesko Heinrich Fritz Walter Richard Patzig. Dieser heiratete am 27. Juni als Forstassessor aus Kielau, Kreis Neustadt (Westpreußen), die über neun Jahre jüngere Johanna Elisabeth Katharina Helene Geschke, Tochter des Justizrates Karl Bernhard Geschke, in Berlin. Eine weitere ältere Schwester war die am 12. August 1885 in Marienburg geborene Käthe Erna Mathilde Patzig. Diese heiratete am 29. Juni 1908 in Marienburg den über neun Jahre älteren Leutnant im 8. Westpreußisches Infanterie-Regiment Georg Ludwig Eduard Max Scheer, Sohn des bereits verstorbenen Kaufmanns Ludwig Scheer aus Tilsit. Dieser war zu Beginn vom 1. Weltkrieg Kompaniechef der 12. Kompanie im 6. Ostpreußisches Infanterie-Regiment "Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz" Nr. 43. Nach dem Krieg war er Major a.D.
Literatur und Quellen:
Hans H. Hildebrand: Deutschlands Admirale 1849–1945. Band
2: P–Z (Packroß bis Zuckschwerdt). Biblio Verlag, Osnabrück 1990
MSg 2/12593 (Conrad Patzig – Befragung Patzig)
MSg 2/13019 (Conrad Patzig – Korrespondenz als Mitglied des
Personalgutachterauschusses)
MSg 2/13020 (Conrad Patzig – Schriftverkehr mit Ob.d.M. 1942/43)