von Reichenau, Walter Gustav Karl August Ernst

 

* 8. Oktober 1884, Karlsruhe

† 17. Januar 1942, zwischen Lemberg und Leipzig

 

Walther von Reichenau trat am 14. März 1903 nach seinem Abitur am königlichen Gymnasium Düsseldorf als Fahnenjunker in die Königlich Preußische Armee ein. Der Sohn vom späteren Generalleutnant Ernst August Friedrich Ludwig Nikolaus Wilhelm von Reichenau, ein bekannter Artillerist und Ballistiker, und seiner Ehefrau Elisabeth Bernhardine, geborene Greve, kam dabei zum 1. Garde-Feldartillerie-Regiment nach Berlin. Am 18. Oktober 1903 wurde er zum Fähnrich befördert. Nach dem Besuch der Kriegsschule Metz wurde er beim 1. Garde-Feldartillerie-Regiment am 18. August 1904 zum Leutnant befördert. Das Rangdienstalter wurde dabei auf den 19. August 1903 festgelegt. Als solcher wurde er jetzt als Batterieoffizier in der 4. Batterie seines Regiments eingesetzt. Im Frühjahr 1906, 1907 und 1908 gehörte er dann als Batterieoffizier zur 6. Batterie vom 1. Garde-Feldartillerie-Regiment in Berlin. Der extrem sportliche Offizier engagiert sich neben seinem Dienst stark in der Welt des Sports. Ihn verband viel mit dem Berliner Sport-Club (BSC), dessen Offiziersabteilung er mitbegründet hatte. Er war sowohl in der Leichtathletik, im Tennis, im Reiten, im Boxen und beim Fußball aktiv und teilweise auch sehr erfolgreich. Er hielt zum Beispiel den Rekord im Diskuswurf bei den Offizieren. Im Winter 1909/10 wurde er als Nachfolger von Leutnant von Brauchitsch zum Adjutant der I. Abteilung vom 1. Garde-Feldartillerie-Regiment in Berlin ernannt. Anfang 1910 besuchte er Südamerika und rettete am Rio de la Plata einen Menschen vor dem Ertrinken. 1911 organisierte er eine Fußballmeisterschaft im Gardekorps. Von Oktober 1911 bis Juli 1914 wurde er gemeinsam mit seinem Regimentskameraden Graf von Westarp, der dies bereits ein Jahr früher erreichte, zur Generalstabsausbildung an die Kriegsakademie kommandiert. Sein Nachfolger als Abteilungsadjutant wurde Leutnant Georg Graf zu Stolberg-Stolberg. Am 18. August 1912 wurde er an der Kriegsakademie zum Oberleutnant befördert. Er entwickelte gemeinsam mit Carl Diem das Konzept des Deutschen Sportabzeichens. Dieses damals als Auszeichnung für vielfältige Leistung auf dem Gebiet der Leibesübungen bezeichneten Orden erhält er als einer der ersten Ausgezeichneten. Zur Vorbereitung der für 1916 in Berlin vorgesehenen Olympiade unternimmt er 1913 mit Dr. Carl Diem und weiteren Teilnehmern des Nationalen Olympischen Komitees eine Studienreise in die USA. Im Mai 1914 am DFB-Bundestag in Magdeburg teil. Im Juli 1914 wurde er zum 1. Leib-Husaren-Regiment Nr. 1 nach Danzig-Langfuhr kommandiert. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde er Anfang August 1914 als Regimentsadjutant dem 1. Garde-Reserve-Feldartillerie-Regiment zugeteilt. Am 28. November 1914 wurde er zum Hauptmann befördert. Im Dezember 1914 wurde er als solcher zum Führer der 1. Batterie vom 1. Garde-Reserve-Feldartillerie-Regiment ernannt. Ab April 1915 wurde er in den Generalstab der 47. Reserve-Division kommandiert. Ab Juli 1915 wurde er dann in den Generalstab des Feldheeres versetzt. Ende 1915 wurde er dabei als 2. Generalstabsoffizier (Ib) bei der 47. Reserve-Division eingesetzt. 1917 wurde er im  Generalstab der 119. Infanterie-Division an der Westfront eingesetzt. Anfang Mai 1918 wurde er als 1. Generalstabsoffizier (Ia) bei der 7. Kavallerie-Division eingesetzt. Durch Umbenennung der Division wurde er am 14. Mai 1918 zum Ia der 7. Kavallerie-Schützen-Division. Mit dieser wurde er ausschließlich an der Westfront eingesetzt. Im Krieg wurde er neben dem Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern, beiden Eisernen Kreuzen auch mit weiteren Orden ausgezeichnet. Nach Ende des 1. Weltkrieges wurde er an Ende November 1918 noch im Generalstab vom Grenzschutz Süd in Breslau eingesetzt. Am 3. April 1919 heiratet er die mehr als zehn Jahre jüngere Alexandrine Charlotte Marie Gräfin von Maltzan, Freiin zu Wartenberg und Penzlin auf Schloß Militsch und stieg damit in die höchsten Kreise der schlesischen Aristokratie auf. Am 1. Mai 1919 starb sein Vater in Düsseldorf. Ab Mitte August 1919 gehörte er dann zum Generalstab vom Grenzschutz Ost bei der Kommandostelle Kolberg. Am 1. Oktober 1919 wurde er dann in das vorläufige Reichsheer übernommen. Dabei wurde er anfangs im Generalstab vom Wehrkreiskommando VI eingesetzt. Diesem gehörte er auch noch bei der Bildung des 200.000 Mann Heeres der Reichswehr Mitte Mai 1920 an. Bei der Bildung des 100.000 Mann-Heeres der Reichswehr wurde er dann am 1. Oktober 1920 beim Stab vom Artillerieführer VI in Münster eingesetzt. Im Jahr 1921 wurde sein Sohn Karl Friedrich von Reichenau geboren, der im zweiten Weltkrieg als Leutnant bei der Panzertruppe diente. Am 1. Oktober 1921 wurde er zu einem der Bataillonsstäbe vom 18. Infanterie-Regiment versetzt. Kurz darauf wurde er zum Chef der 8. (MG) Kompanie des II. (Preuß.) Bataillons vom 18. Infanterie-Regiment in Münster ernannt. Nach etwa zwei Jahren gab er diese Kompanie an Hauptmann Karl von Beeren ab. Am 1. Oktober 1924 wurde er dann in den Generalstab der 3. Division der Reichswehr nach Berlin versetzt. Dort wurde er am 1. Juni 1924 auch zum Major befördert, wobei das Randienstalter auf den 1. Juli 1923 festgesetzt wurde. 1925 wurde sein Sohn Joachim von Reichenau geboren. Am 1. Oktober 1926 wurde er dann für ein Jahr zum Stab vom Gruppenkommando 1 ebenfalls in Berlin versetzt. Am 1. Oktober 1927 übernahm er als Nachfolger von Oberstleutnant Friedrich Thon als Kommandeur die 5. Nachrichten-Abteilung in Stuttgart-Canstatt. Am 25. Juni 1928 wurde sein Tochter Erika von Reichenau geboren. In seiner Funktion als Abteilungskommandeur wurde er am 1. April 1929 zum Oberstleutnant befördert. Am 30. September 1929 übergab er sein Kommando an Major Percy Baron von Ascheberg. Am 1. Oktober 1929 wurde er dann dafür in das Reichswehrministerium (RWM) nach Berlin versetzt. Dort wurde er als Chef des Stabes bei der Inspektion der Nachrichtentruppen (In 7) eingesetzt, er übernahm als Nachfolger von Oberst Franz von Roques für Major Gerhard Dohne, der diese Rolle vertreten hatte. Am 31. Januar 1931 übergab er seine Funktion an Oberstleutnant Schmidt. Am 1. Februar 1931 wurde er dann als Nachfolger von Oberst Erich von Bonin zum Chef des Stabes der 1. Division der Reichswehr in Königsberg ernannt. Sein Vorgesetzter war jetzt Generalleutnant Werner von Blomberg, der in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen sollte. Als solcher wurde er am 1. Februar 1932 zum Oberst befördert. Bereits im April 1932 bemühte er sich um ein privates Gespräch mit Adolf Hitler, was durch seinen Onkel Friedrich von Reichenau, dem Präsident des Vereins für das Volkstum im Ausland und Gesandten a.D., vermittelt wurde, der damals Kandidat für die Reichspräsidentschaft war. 1932 wurde seine Tochter Britta von Reichenau geboren. Beim Grenzschutz von Ostpreußen hatte er viele Berührungspunkte zur SA. Über den evangelischen Wehrkreispfarrer in Königsberg, Ludwig Müller, dem späteren Reichsbischoff, knüpfte er noch vor der Machtergreifung weitere Kontakte zur NSDAP. Am 4. Dezember 1932 hatte Hitler in einem Brief an von Reichenau Deutschland „mitten in einer neuen Einkreisungspolitik“ Frankreichs gewähnt, ein kommendes Bündnis zwischen Frankreich und der Sowjetunion vorausgesagt und einen Präventivkrieg Frankreichs gegen Deutschland gefürchtet. Am 24. Januar 1933 erfolgt in der Gründungssitzung des Organisationskomitees für die XI. Olympischen Spiele in Berlin seine Ernennung zum Mitglied des Präsidiums. Direkt mit der Machtergreifung Hitlers begann seine Karriere noch einmal richtig Fahrt auf zu nehmen. Am 31. Januar 1933 wurde er durch Oberst Erich Hoepner abgelöst. Er wurde dafür am 1. Februar 1933 vom neuen Reichswehrminister General der Infanterie Werner von Blomberg als Nachfolger von Generalmajor Ferdinand von Bredow zum Chef des Ministeramts im Reichswehrministerium ernannt. Eigentlich wollte ihn Hitler gerne als Chef der Heeresleitung einsetzen, was aber am Widerspruch des älteren Offizierskorps scheiterte, wodurch General der Artillerie Werner Freiherr von Fritsch den Vorzug erhielt. Bei seinem Dienstantritt wird er mit den Worten zitiert: "Niemals war die Wehrmacht identischer mit dem Staat als heute". Am 1. Juli 1933 nahm er an einer Konferenz aller SA- und SS-Führer vom Standartenführer aufwärts im Hotel Luisenbad in Bad Reichenhall teil. Dabei ging es um die stärkere Integration der SA und SS in die vormilitärische Ausbildung der deutschen Jugend. Dabei legte er Pläne für einen Wehrstaat vor, in dem die gesamte Jugend in Wehrsport, vormilitärischer Ausbildung und Wehrpflicht militärisch gedrillt werden sollte. In diesem Konzept sollte die SA die gesamte Rekrutenausbildung übernehmen. Er handelte mit dem damaligen SA-Chef Ernst Röhm aus, dass seine Organisation das Reichskuratorium für Jugendertüchtigung übernehmen sollte, eine bereits 1932 gegründete Tarnorganisation zur Aufrüstung. Sie sollte künftig dem SA-Obergruppenführer Friedrich-Wilhelm Krüger, Chef des Ausbildungswesen (AW) innerhalb des Führungsstabes der SA, unterstehen. Mit diesem Konzept brach Reichenau mit der traditionellen Vorstellung vom Militär als Schule der Nation. Die künftige Reichswehr stellte er sich viel mehr als Organisation der bewaffneten Spezialisten der Kriegführung vor. Ende August 1933 erfolgt in der Gründungssitzung des Organisationskomitees für die IV. Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen und erneut wird er Mitglied des Präsidiums. Die SA-freundliche Haltung Reichenaus zeigte sich auch in seiner Weisung vom Oktober 1933 an die Wehrkreiskommandos, die Interessen der SA möglichst zu berücksichtigen. Am 18. Januar 1934 wurde er zum Generalmajor befördert. Sein Rangdienstalter wurde dabei auf den 1. Januar 1934 festgelegt. Am 1. Februar 1934 wurde er dann durch die Umbenennung seiner Dienststelle zum Chef des Wehrmachtsamt (WA) im Reichswehrministerium ernannt. In diesem Moment geriet er in Konflikt mit SA-Chef Röhm, der nach seiner Meinung die die Kompetenz für Mobilmachung und Kriegführung für seine Truppe zu verlangen schien und der Reichswehr nur mehr die militärische Ausbildung überlassen wollte. Damit schien die Monopolstellung der Reichswehr als einzigem Waffenträger der Nation bedroht. Ursache dafür war eine von Röhm am 1. Februar 1934 dem Reichswehrminister Werner von Blomberg übersandte Denkschrift. Danach stellte Blomberg bei einer Befehlshaberbesprechung fest, der Versuch einer Einigung mit der SA sei gescheitert und erteilte Reichswehrdienststellen den Auftrag, Material gegen die SA zu sammeln. Am 27. Juni 1934 drängte Reichenau gemeinsam mit Blomberg Hitler zum Handeln zur Entmachtung der SA und der konservativen Eliten um den ehemaligen Vizekanzler Franz von Papen, die einer völligen Machteroberung der Nationalsozialisten noch im Wege standen. Als von Papen um eine Audienz bei Reichspräsident Paul von Hindenburg für den 28. Juni 1934 nachsuchte, versetzten Blomberg, Reichenau und Reinhard Heydrich, der Chef des Sicherheitsdiensts der SS ihre Truppen in Alarmbereitschaft. Am 29. Juni 1934 unterstützte Generalmajor von Reichenau die Aktionen der SS gegen die SA, dem so genannten Röhm-Putsch. Angeblich gehörte Reichenau mit Hermann Göring und dem Reichsführer SS Heinrich Himmler zu dem Triumvirat, das an dem 30. Juni 1934 über Leben und Tod entschieden hat. Die drei Männer gingen gemeinsam Namenslisten durch und entschieden durch Kopfschütteln oder Nicken, wer sterben musste. Im Zuge dieser Vorgänge, werden auch seine beiden Vorgänger im Amt, General der Infanterie Kurt von Schleicher und Generalmajor Ferdinand von Bredow ermordet. Am 22. Juli 1934 nahm er am Rande der Bayreuther Festspiele an einer Besprechung teil, bei der neben Adolf Hitler, noch Joseph Goebbels, Reichsminister, Otto Wächter, Sonderbeauftragter der Landesleitung Österreich der NSDAP, dessen Stellvertreter Theo Habicht, SA-Obergruppenführer Hermann Reschny und der ehemalige Oberste SA-Führer Franz Pfeffer von Salomon anwesend waren. Bei dieser ging es um die letzte Abstimmung zum Juliputsch am 25. Juli 1934 in Österreich. Am 3. August 1934, einen Tag nach dem Tod von Hindenburg formulierte er den neuen Eid auf den “Führer und Reichskanzler“ auf Veranlassung des Reichswehrministers. Er diktierte die Eidesformel Major Hermann Foertsch. Überliefert ist aus dieser Zeit auch das Zitat: "Wir sind Nationalsozialisten, auch ohne Parteibuch...die besten, treuesten und ernstesten. Die Wehrmacht ist die einzige, letzte, größte Hoffnung des Führers." von ihm. Am 1. Oktober 1935 wurde er zum Generalleutnant befördert. Bei der Enttarnung der erweiterten Verbände der Wehrmacht, wurde er am gleichen Tag als Nachfolger von General der Infanterie Wilhelm Adam zum Kommandierenden General vom Generalkommando VII. Armeekorps in München ernannt. Als solcher wurde er dann am 1. Oktober 1936 zum General der Artillerie befördert. Ab dem 12. Mai 1936 befand er sich auch auf einer längeren Auslandsreise in China. Am 4. Februar 1938 übernahm er, mit Wirkung vom 1. März 1938, im Zusammenhang mit der Blomberg-Fritsch-Affäre als Oberbefehlshaber und Nachfolger von Generaloberst Walther von Brauchitsch das Gruppenkommando 4 in Leipzig. Erneut wollte ihn Hitler eigentlich zum Oberbefehlshaber des Heeres ernennen, was aber am Widerspruch des älteren Offizierskorps scheiterte, wodurch Generaloberst Walther von Brauchitsch dieses Mal den Vorzug erhielt. Sein Generalkommando übernahm dafür General der Infanterie Eugen Ritter von Schobert. Nur wenige Tage später ist er am 12. Februar 1938 dabei, als auf dem Berghof dem österreichischen Kanzler Dr. Kurt Schuschnigg und seinem Mitarbeiter Dr. Guido Schmidt, Adjutant und Staatssekretär für Äußeres, auf österreichischer Seite, durch Adolf Hitler mit seinen Adjutanten, Joachim von Ribbentrop und Franz von Papen als Diplomaten und General der Artillerie Keitel als Chef des OKW, das Berchtesgaden Abkommen abgerungen wurde. Reichenau selbst sollte, von Hitler persönlich am Vormittag instruiert, gemeinsam mit General der Flieger Hugo Sperrle, Kommandierender General des Luftwaffengruppenkommando 3 in München, rein dekorative Zwecke erfüllen. Ihre stille Anwesenheit solle vermitteln, daß Hitler bereit war ernst zu machen, wenn sich Schuschnigg nicht fügen sollte. Am 10. März 1938 war er Teilnehmer an der Session des IOC in Kairo. Dort wurde er und nicht Hans von Tschammer und Osten auf den Rat seines Vorgängers Dr. Theodor Lewald ins Internationale Olympische Komitee (IOC) berufen, bis 1942 verblieb er in dieser Funktion. Von dort wurde er durch Hitler wegen dem Fall Otto, dem geplanten Einmarsch in Österreich, abberufen. Ursache war die Entscheidung Schuschniggs am 13. März 1938 eine Volksabstimmung durchführen zu lassen. Hitler ruft ihn, General der Infanterie Eugen Ritter von Schobert und Minister Glaise-Horstenau zu sich. In seiner Stellung als Oberbefehlshaber vom Gruppenkommando 4 nahm er dann am 1. Oktober 1938 auch an der Besetzung des Sudetenlandes als Befehlshaber im 3. Gebietsabschnitt (Egerland) teil. Auch beim Einmarsch während der Zerschlagung der Tschechoslowakei im März 1939 war er er mit seinen Truppen beteiligt. Im Jahr 1939 wurde Generalmajor Friedrich Paulus zum Chef des Generalstabes ernannt, mit diesem sollte er die ersten beiden Feldzüge eng verbunden bleiben. Bei der Mobilmachung für den 2. Weltkrieg wurde er zum Oberbefehlshaber über die 10. Armee ernannt. Diese Armee führte er dann zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in den Polenfeldzug. Während des Feldzuges durchschwamm er auch die Weichsel. Dort wurden ihm zuerst beide Spangen zu seinen Eisernen Kreuzen verliehen. Um die Disziplin aufrecht zu erhalten befahl er in Polen 1939 eine strenge Bestrafung von Soldaten bei Verbrechen wie Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden. Für die Leistungen der Armee im Polenfeldzug wurde ihm am 30. September 1939 persönlich durch Adolf Hitler das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Am 1. Oktober 1939 wurde er zum Generaloberst befördert. Nach dem Polenfeldzug wurde seine Armee bei der Überführung in den Westen Mitte Oktober 1939 zur 6. Armee umbenannt. Er blieb weiter deren Oberbefehlshaber. Im Westen erfuhr er von General der Infanterie Curt Liebmann, den er mit seinem Kommando ablösen sollte, dass die laufenden Vorbereitungen nahe legten, der Angriff über Belgien und Hollnad stünde kurz bevor. Er reagierte sehr erregt und bezeichnete das als geradezu verbrecherisch. Kurz darauf besuchte ihn der Chef der Abwehr Vizeadmiral Wilhelm Canaris und bestärkte ihn in seinen Vermutungen. Er verfasste daraufhin ein Memorandum für Hitler unter dem Titel "Die Sicherung des deutschen Sieges". Als Hitler am 30. Oktober 1939 bei einem Treffer mit Armeeführern seine Pläne offen darlegte, trat ihm Reichenau scharf entgegen. Am 31. Oktober 1939 führte er bei einem Treffen von Kommandeuren der Heeresgruppe B in Bad Godesberg erneut seinen Widerstand gegen die Pläne energisch vor. Am 1. November 1939 verteidigte er nach einem Essen mit Hitler ausführlich die Pläne gegen den Plan Hitlers. Auch an den folgenden Tagen versuchte er Hitler von seinem Plan abzubringen. Am Abend des 5. November 1939 wurde der Termin für den Angriff durch Hitler auf den 12. November 1939 festgelegt. Daraufhin kontaktierte von Reichenau den Anführer der zivilen innerdeutschen Opposition, den Leipziger Ex-Bürgermeister Carl Goerdeler. Am 6. November 1939 kam es zu einer Zusammenkunft mit Goerdeler und seinem Vertrauten Fritz Elsas, früher zweiter Bürgermeister von Berlin, in dessen Hause. Er erklärte beiden die Offensive sei völlig wahnsinnig und hoffte indirekt auf eine Warnung an die Westmächte, die zu sichtbare Verteidigungsvorbereitungen veranlassen sollte. Damit sollte der Überraschungseffekt verloren gehen und dem deutschen Oberkommando die Möglichkeit den Angriff abzublasen. Er machte sogar noch Vorschläge, wie die Holländer ihre Gewässer in Verteidigungsbereitschaft versetzen könnten. Er überließ das weitere dem Oppositionsnetz, welches die Nachricht über Dänemark und Schweden nach England brachte. Aber auch auf anderen Wegen erreichten die Pläne die andere Seite. Im Frühjahr 1940 führte er seine Armee dann in den Westfeldzug. Am 28. Mai 1940 nahm er die Kapitulation der belgischen Armee entgegen. Nach dem Westfeldzug wurde von Reichenau am 16. Juli 1940 bei der Weisung für das Unternehmen Seelöwe, der Invasion Englands, mit seiner Armee als Reserve unter dem Oberbefehl von Generaloberst Wilhelm Ritter von Leeb in Cherbourg platziert. Das Unternehmen sollte Mitte September 1940 stattfinden. Am 19. Juli 1940 wurde er zum jüngsten Generalfeldmarschall befördert. Am 20. August 1940 wurde die Weisung für das Unternehmen Felix, den Angriff auf Gibraltar, fertiggestellt. Er selbst sollte das Unternehmen in Spanien anführen. Am 24. August 1940 wurden die Pläne durch Hitler genehmigt. Im Oktober wird das Unternehmen Seelöwe auf unbestimmte Zeit verschoben. Anfang Dezember 1940 verweigert Franco aber seine Zustimmung zu den Plänen vom Unternehmen Felix, welches für Januar 1941 vorgesehen ist. Das Unternehmen wird im Januar 1941 endgültig aufgegeben. Auch bei Beginn des Ostfeldzuges zum Sommerbeginn 1941 führte er seine 6. Armee beim Angriff auf Südrussland. Dabei kam es in der Folge in seinem Armeegebiet zu vielen Kriegsverbrechen durch Einsatzgruppe C, unter den SS-Brigadeführern Dr. Rasch, später Dr. Thomas, bzw. dem Sonderkommando (SK) 4a unter SS-Standartenführer Blobel. Reichenau nahm im Juli 1941 bei einem Frontbesuch an einem Sturmangriff teil und verdiente sich so das Infanteriesturmabzeichen. Ende Juli 1941 lässt sich zur Säuberung des rückwärtigen Heeresgebietes vom RFSS die 1. SS-Infanterie-Brigade unter SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Richard Herrmann unterstellen, die bis Mitte September 1941 etwa 6.000 Menschen erschießt. Dazu erläßt er als OB und seine unterstellten rückwärtigen Befehlshaber Säuberungs- und Befriedungsaufträge. Er äußerte aber auch Zweifel an der Zweckmäßigkeit der deutschen Besatzungspolitik in der Ukraine. Die rücksichtslose Ausbeutung zwinge die Bevölkerung zu einem bewaffneten Widerstand, die damit zu einer schweren Gefahr für die Truppe und ihre rückwärtigen Verbindungen werden könnte. Am 20. August 1941 zog die 295. Infanterie-Division durch Bjelaja-Zerkow. Dabei entdeckte man ein Haus in dem 90 Kinder vom Säuglingsalter bis zu sieben Jahren festgehalten wurden. Ihre älteren Verwandten waren bereits ermordert wurden. Der 1. Generalstabsoffizier der 295. Infanterie-Division, Oberstleutnant Helmuth Groscurth, protestierte scharf gegen die geplante Ermordung der Kinder und bittet diese bis zur Entscheidung des OB aufzuschieben. Von Reichenau befand, dass die einmal begonnene Aktion in zweckmäßiger Form durchzuführen sei. Am 21. September 1941 wurde er erneut namentlich in einer Sondermeldung zum Wehrmachtsbericht genannt: "Im Verlauf der ostwärts Kiew im Gang befindlichen Umfassungsschlacht haben die Armee des Generalfeldmarschalls von Reichenau und die Panzerarmeen der Generalobersten von Kleist und und Guderian starke Teile des umzingelten Feindes vernichtet und jetzt schon 150000 Gefangene eingebracht, sowie 151 Panzerkampfwagen, 602 Geschütze und unübersehbares Kriegsmaterial erbeutet." Als besonders bezeichnend für die Art Reichenaus gilt der sogenannte Reichenau-Erlass vom 10. Oktober 1941 über das Verhalten der Truppe im Ostraum. In diesem Befehl wird ein Versuch des operativ nur durchschnittlich begabten von Reichenau gesehen, sich bei Hitler ideologisch hervorzutun. Am 28. Oktober 1941 wurde dieser Befehl, nachdem ihn Hitler für ausgezeichnet befunden hat, allen Heeresgruppen, Armeen, Panzergruppen und Berück der Ostfront zur Kenntis gegeben. Daraufhin erlassen Generaloberst Hermann Hoth am 17. November 1941 und General der Infanterie Erich von Manstein am 20. November 1941 eigene Versionen dieses Befehls. Im November 1941 berichtet der vormalige Chef der Einsatzgruppe C, Dr. Dr. Rasch "Reichenau, hat auch wiederholt die Arbeit der Einsatzkommandos in anerkennender Weise gewürdigt und die Interessen des SD seinen Stäben gegenüber in entsprechender Weise vertreten." Am 7. Dezember 1941 wurde im Kriegstagebuch durch den Ia der 6. Armee vermerkt, das im Zuge einer Partisanenaktion im Armeebereich mehrere Tausend gehängt und erschossen wurden. Am 9. Dezember 1941 wurde er dann als Nachfolger von Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd ernannt. Anfänglich übte er diese Position in Personalunion mit seinem Posten als OB der 6. Armee aus. Als Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch am 19. Dezember 1941 entlassen wurde, lehnte ihn dieses Mal Hitler persönlich als zu politisch als Nachfolger ab und machte sich selbst zum Oberbefehlshaber des Heeres. Am 20. Dezember 1941 verwendet er in seinem Tagesbefehl die Begriffe “rote Bestie“, “Mordgelüst“, “völlig vertiert“, “imstande, jede Gemeinheit zu begehen“. Am 29. Dezember 1941 setzte er Generalleutnant Graf von Sponeck, Führer vom XXXXII. Armeekorps, wegen Ungehorsam ab und bringt ihn vor einen Sondersenat des Reichskriegsgerichts. Dazu spricht er der 46. Infanterie-Division die soldatische Ehre ab und lässt alle Auszeichnungen und Beförderungen sperren. Am Vormittag des 15. Januar 1942 absolvierte er einen Waldlauf bei etwa minus 40 Grad. Danach fühlt er sich beim Mittagessen schlecht und erleidet beim Verlassen des Kasinos einen Schlaganfall und wird bewußtlos. Daraufhin sollte er mit dem Flugzeug zur Behandlung in das Reich gebracht werden. Am 17. Januar 1942 wurde er dann, immer noch tief bewußtlos, auf einen Sessel geschnallt mit dem Flugzeug von Poltawa nach Leipzig gebracht, um dort behandelt zu werden. Bei der Zwischenlandung in Lemberg kam es zum Bruch, dabei zog er sich schwere Kopfverletzungen zu, auch sein Feldmarschallstab ging zu Bruch. Während des Weiterfluges ist er an einem Herzinfarkt gestorben. Sein Tod wurde offiziell erst im Lazarett Leiüzig festgestellt. Generalfeldmarschall Fedor von Bock sollte direkt die Heeresgruppe Süd übernehmen, bereitete sich aber eigentlich auf eine Kur am Semmering vor. Eigentlich sollte Generalleutnant Walther von Seydlitz-Kurzbach zum OB der 6. Armee ernannt werden, und Paulus sollte Jodl im OKW ersetzen. Erst am 20. Januar 1942 übernimmt der am 6. Januar 1942 zum Nachfolger bestimmte General der Panzertruppe Friedrich Paulus die Führung der 6. Armee. Generalfeldmarschall Fedor von Bock übernimmt dann auch die Heeresgruppe Süd. Am 22. Januar 1942 wurde er im Zeughaus aufgebahrt. Am 23. Januar 1942 wurde er mit einem Staatsakt im Ehrenhof des Zeughauses im Beisein von Reichsmarschall Hermann Göring, Großadmiral Erich Rader, Generalfeldmarschall Erhard Milch und Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt geehrt. Generalleutnant Paul von Hase, Kommandant von Berlin, meldete die Trauerparade. Anwesend waren seine Frau, der älteste Sohn und beide Töchter. Göring hält die Gedenkrede, bevor auch Rundstedt als Vertreter für Adolf Hitler eine Ansprache hält. Der Trauersalut wurde mit 19 Schuss gegeben. Beerdigt wurde er danach auf dem Invalidenfriedhof in Berlin. Im Nachruf Hitlers wird er in einem Tagesbefehl als Bannerträger der Gedanken einer neuen Zeit gewürdigt. 1944 entscheidet Hitler zugunsten einer zusätzlichen Dotation an die Hinterbliebenen in Höhe von 1,01 Millionen Reichsmark zum Erwerb eines Guts im Osten.

 

Ritterkreuz (30. September 1939)

 

Literatur und Quellen:
BArch, MSG 109/4919 : Krug, Ottomar: Deutsche Generale 1867-1945
Dienstaltersliste der Offiziere der königlich Preußischen Armee und des XIII. (königlich  Württembergischen) Armeekorps 1917, Mittler und Sohn 1917
Dienstaltersliste der Offiziere der bisherigen Preußischen Armee und des XIII. (bisherigen Württembergischen) Armeekorps 1919, Mittler und Sohn 1919
Stellenbesetzung im Reichsheer 16. Mai 1920, Biblio-Verlag 1968
Stellenbesetzung im Reichsheer 1. Oktober 1920, Biblio-Verlag 1968
Stellenbesetzung im Reichsheer 1. Oktober 1921, Biblio-Verlag 1968
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1923, Berlin, Mittler und Sohn 1923
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1924, Berlin, Mittler und Sohn 1924
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1925, Berlin, Mittler und Sohn 1925
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1926, Berlin, Mittler und Sohn 1926
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1927, Berlin, Mittler und Sohn 1927
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1928, Berlin, Mittler und Sohn 1928
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1929, Berlin, Mittler und Sohn 1929
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1930, Berlin, Mittler und Sohn 1930
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1931, Berlin, Mittler und Sohn 1931
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin, Mittler und Sohn 1932
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. Mai 1933
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. April 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 1. Oktober 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 15. Oktober 1935
Stellenbesetzung Wehrmacht 6. Oktober 1936
Stellenbesetzung des Heeres mit Stand vom 12. Oktober 1937
Stellenbesetzung des Heeres 1938

Podzun, H. H. (Hg.): Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte, Stellenbesetzung und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3. Januar 1939, Bad Nauheim, Podzun 1953
Wolfgang Keilig: Rangliste des deutschen Heeres 1944/1945, Podzun-Verlag 1955
Wolfgang Keilig: Die Generale des Heeres und die Sanitätsoffiziere im Generalsrang, Podzun-Verlag 1983
Gerhard von Seemen: Die Ritterkreuzträger 1939-1945, Podzun-Verlag, Friedberg 1976
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Klaus-Jürgen Müller: Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime 1933-1940, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1969

Karl Adolf Scherer: 75 Olympische Jahre - NOK für Deutschland Eine Dokumentation über die olympische Bewegung in Deutschland 1895-1970, Verlag proSport KG, München 1972
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Carl Dirks, Karl-Heinz Janßen: Der Krieg der Generäle. Hitler als Werkzeug der Wehrmacht, Propyläen Verlag, Berlin 1999
Thomas Vogel: Aufstand des Gewissens, E S Mittler-Verlag, 2000
Torsten Diedrich: Paulus - Das Trauma von Stalingrad, Schöningh-Verlag, 2008